Mrz 10

Yongchul Kim

Von Helmut A. Müller | In Katalog, Kunst

Mit einem Essay von Tobias Wall und einem Gespräch zwischen Tobias Wall und Yongchul Kim

DISTANZ Verlag, 2022, ISBN 978-3-95476-522-5, 144 Seite, zahlreiche Abbildungen, Hardcover, Format 21 × 27 cm, € 32,00

Der Stuttgarter Kunst- und Kulturwissenschaftler Tobias Wall weist zurecht darauf hin, dass der 1982 im südkoreanischen Yeosu geborene und heute in Stuttgart lebende Yongchul Kim (vergleiche dazu https://grossstadtliebe.art/kunst/atelierbesuch-yongchul-kim) mit seiner Malerei  begeistert (vergleiche dazu etwa https://www.instagram.com/yongchul.kim_studio/?hl=de). Das zeigt sich nicht nur an der außergewöhnlichen Aufmerksamkeit, die seine meisterhaft gemalten Arbeiten bei den jährlichen Rundgängen der Kunstakademie Stuttgart erfahren haben, in der Kim seine in Korea begonnenen Kunststudien fortgesetzt hat, sondern auch in seinen Ausstellungen in der Galerie Thomas Fuchs, die regelmäßig schon vor der Eröffnung ausverkauft sind (vergleiche dazu https://www.galeriefuchs.de/de/yongchul-kim-de.html).

„Yongchul Kim entwickelt seine Bildideen aus sich heraus. Aus einem feinen Gespür für aktuelle Themen und kollektive Befindlichkeiten erschafft er bilddramaturgisch perfekt durchgearbeitete Szenerien, in denen die Stimmungen und Beklemmungen unserer Gegenwart spürbar werden. Dabei wird keines seiner Themen und Motive vordergründig durchbuchstabiert, sondern in ein vielstimmiges Bild-Organum von dunkler Poesie verwandelt. Es ist beeindruckend, wie er mit Farbe umzugehen versteht, wie er in abstrakten Farbgebilden, in Schlieren und Verwischungen Landschaften erzeugt, wie er die Farben nutzt, um Illusionen von Orten zu schaffen. Orte lebendiger Farbdynamik verbinden sich mit fast monochromen Flächen, die durchscheinend, spiegelnd ihre Umgebung in sich aufnehmen“ (Tobias Wall S. 4 f.).

Yongchul Kim hat in Korea nach eigener Aussage eine sehr gute Malereiausbildung bekommen, sich dort in kleinen Formaten vor allem mit politischen Themen und der düsteren Vergangenheit Koreas beschäftigt und kam dann nach Stuttgart, weil die Stuttgarter Kunstakademie in Korea durch wichtige aktuelle Künstler wie Kyuchul Ahn (vergleiche dazu https://eazel.net/artists/122)  und Yong-Baek (vergleiche dazu https://universes.art/de/biennale-venedig/2011/info/korea/04-lee-yong-baek) einen sehr guten Ruf hat, die dort in den 1990er Jahren studiert hatten. Heute sagt er, dass seine Kunst immer noch politisch ist, „aber in einem anderen Sinne. Ich beschäftige mich nicht mehr mit politischen Themen, sondern grundsätzlich mit der Existenz des Menschen, seiner Identität im Fluss des Lebens. Dieser Kampf um die persönliche Identität ist ja nichts anderes als die Frage nach dem Sinn der Existenz. Ich habe diesen Kampf als Koreaner in Deutschland sehr intensiv erlebt und erlebe ihn bis heute“ (Yongchul Kim S. 7). 

Auf die Frage, ob es ihm bei seinen in Momenten der Auflösung gezeigten Figuren, Tieren und Motiven um Vergänglichkeit geht, antwortet Yongchul Kim: „Vergänglichkeit ist sicher ein Thema. Aber nicht so sehr im Hinblick auf den Tod. Es geht mir eher darum zu zeigen, dass sich alles in Bewegung befindet. Es gibt kein Hier und Jetzt, wir sind im Zustand ewigen Wandels. Der griechische Philosoph Heraklit spricht von ›panta rhei‹, ›Alles ist im Fluss‹. Das ist es, was ich in meinen Bildern zeige. In Korea sagen wir: ›Eine Welle kommt, sie nimmt uns mit‹“ (Yongchul Kim a. a. O.)

Der Katalog ›Yongchul Kim‹ (vergleiche dazu https://www.distanz.de/yongchul-kim/yongchul-kim) erlaubt mit seiner Auswahl von 62 jeweils auf der rechten Seite gezeigten mittel- und großformatigen Malereien aus den Jahren 2018 bis 2022 und seinem Werkverzeichnis einen guten Einblick in die jüngere und jüngste Werkentwicklung. Die Begeisterung, von der Tobias Wall spricht, wird man aber wohl nur vor den originalen Arbeiten nacherleben können.

ham, 10. März 2023

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