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Publikation zur gleichnamigen Ausstellung der Grafikstiftung Neo Rauch in Aschersleben vom 1. Juni 2022 bis 28. April 2024

E.A.Seemann Verlag, Leipzig, 2022, ISBN 978-3-86502-479-4, 260 Seiten, 150 Abbildungen, farbig, fester Einband, gebunden, Format 28 x 20 cm, 42,00 €

Der zum zehnjährigen Jubiläum der Grafikstiftung Neo Rauch (vergleiche dazu https://www.grafikstiftungneorauch.de/grafikstiftung-neo-rauch/#entstehungsgeschichte und https://www.mdr.de/kultur/ausstellungen/aschersleben-neo-rauch-ausstellung-grafik-kunst-100.html) erschienene Band versammelt erstmals alle seit 1988 erschienen druckgrafischen Arbeiten des 1960 in Leipzig geborenen und in Aschersleben aufgewachsenen Künstlers. Der Katalog umfasst 155 Lithografien, Radierungen und Siebdrucke, also auch die vor 1993 entstandenen Arbeiten. Er setzt mit der in der Werkstatt für Lithografie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig gedruckten einfarbigen Lithografie ›Fische‹, 1988 (vergleiche dazu http://www.artnet.de/künstler/neo-rauch/fische-egazBno_UsySCq-pRBnhw2) ein und endet mit den im Lithografischen Atelier Leipzig gedruckten fünffarbigen Tuschelithografien ›Die große Bühne‹, 2022 (vergleiche dazu https://www.seemann-henschel.de/produkt/neo-rauch-der-bestand-the-holdings/) und ›Heimwärts‹, 2022  sowie der sechsfarbigen Tuschelithografie ›Ziegelei‹, 2022.

Neben dem aktualisierten Werkverzeichnis wird die Publikation begleitet mit Texten von Brett Littman und Silvia Käther, sowie einem Interview von Doris Apell-Kölmel mit dem Maler zu seinem grafischen Frühwerk. Dazu kommt ein Gespräch mit Wolfgang Büscher über Heimat und Verwurzelung. Auf die Frage, wie es ist, nach fünfzig Jahren in die Kindheitswelten mit ihren mythischen Orten zurückzukehren und ob diese Welt noch dieselbe ist, antwortet Neo Rauch: „Es ist noch dasselbe. Aber es hat sich verändert. Es sind die-selben Orte, geografisch gesehen, aber atmosphärisch deutlich abgemildert, abgeflacht oder verschiedentlich in irrläufiger Weise transformiert. Wir sind nicht durch Aschersleben gelaufen, sondern durch Randgebiete, Randzonen, Brombeergestrüpp umrankt und architektonisch sehr spröde. Und die Rauchpilze von einst gibt es ja auch nicht mehr. Nichtsdestotrotz hat der Rauchpilz für mich eine signatorische Bedeutung. Er ist ja ein wiederkehrendes Motiv in meinen Bildern. Ich stelle fest, dass ich sehr häufig Rauch male und zeichne –das wirft mich offenbar zurück auf den Ursprungsgrund meines Namens“ (Neo Rauch S. 211; vergleich dazu auch die zweifarbige Tuschelithografie ›Das Lichtlein‹, 2011. In: https://eigen-art.com/kuenstlerinnen/neo-rauch/arbeiten/grafiken/, das Gemeinschaftswerk mit Rosa Loy ›Elsa‹, 2018 und ›Aufwärts‹, 2021 unter: https://www.kunsthaus-artes.de/neo-rauch-bild-aufwaerts-2021-936799-r1/).

Auf die Frage von Wolfgang Büscher, ob es ihn Überwindung gekostet hat, vor das Jahr 1993 zurückzugehen, das bisher als Beginn seines künstlerischen Schaffens galt, antwortet Neo Rauch: „Nein, mittlerweile nicht mehr. Sagen wir mal, vor zehn Jahren hätte ich noch nicht die Souveränität besessen, die es mir mittlerweile möglich macht, diese Anfangsgründe auch mit liebevoll mildem Altersblick zu inspizieren und gutzuheißen. Durchzuwinken in die Ausstellung, ah, ihr sollt nicht vor der Tür stehen bleiben, ihr Grünlinge. Rein mit euch, ins Trockene. So sehe ich das. Diese frühen Arbeiten haben durchaus eine gewisse Qualität, die mit meinen momentanen Maßstäben vielleicht nicht ganz Schritt halten kann, aber was heißt das schon, ein anderer sieht es vielleicht ganz anders. Er sieht vielleicht gerade darin den Zenit meines Schaffens und danach nur noch Vorgänge im Abklingbecken … 

Vor 1993 – das war eine Zeit der Irritation, des Herumstolperns in fremden Spuren, die mir teils zu groß waren und in denen ich mich verlor. Das waren immer nur Ansätze, nie voll ausgeschrittene Fährten, ein Hineinhorchen in fremde Räume. Dann aber doch wieder zurückweichend auf den eigenen Pfad. Mitunter muten meine Setzungen damals sogar überzeugend an, weil sie so etwas Monolithisches hatten. Ich denke da an die beiden Köpfe: Horst W. (vergleiche dazu http://www.artnet.de/künstler/neo-rauch/horst-w-g3THlBAR0jq7okhUtNpO4w2) und Ernst R … Ich weiß gar nicht mehr, was mir diese Inspirationen zuspielte, aber diese beiden Blätter habe ich jetzt wieder liebgewonnen. Sie sind stark in ihrer Findung und haben nichts mit dem zu tun, was ich jetzt betreibe …

[1993 bezeichne ich] als das Jahr, in dem ich meine ersten Selbstumrundungen erfolgreich absolviert habe. In dem ich die Konturen meiner Existenz hinreichend abgetastet habe, um von hier aus konzentriert Vorstöße unternehmen zu können. 1993 habe ich diese Chiffrenhaftigkeit, diese dunkle Eintönung von Gebrauchsanweisungsartigem für mich erarbeitet. Dieser Zugriff auf Figuration, die sich zu sich selbst bekennt. Vorher war es oftmals ein Figurativ-sein-wollen, aber es sich von innen her verunmöglichen. Ab’93 habe ich festen Grund unter den Füßen verspürt“ (Neo Rauch im Gespräch mit Wolfgang Büscher S. 214 f. ; vergleiche dazu auch  https://www.google.de/search?source=univ&tbm=isch&q=neo+rauch+in+aschersleben&fir=wDxofutxDitMGM%252CDPzRcAOS3RgCBM%252C_%253BlAax01_F-vuB6M%252Cnu9m7ibqsiltwM%252C_%253B2SI_p4H8lTnzQM%252C2An-_d9NXAWkvM%252C_%253ByfUAnDiHJhDW_M%252Ca0btSq_c3JP0QM%252C_%253B7Vwh_a9d6v2IAM%252CYuUpJJWJzjgRcM%252C_%253Bs_Q3YrSbjL69sM%252ChFgkpBOp79ZdgM%252C_%253BHz_nZNKvRohtfM%252CFchLuQm-yFqelM%252C_%253BQwVC_2ncKKJBhM%252ChFgkpBOp79ZdgM%252C_%253B5wJZGkzzmutpAM%252Cnu9m7ibqsiltwM%252C_%253Bo74fSYpQpgqRrM%252CUrZ50Gp8TPwM5M%252C_&usg=AI4_-kRq4fW0QyAln8Ue6MNxcZvN5ifUZw&sa=X&ved=2ahUKEwjRk5qu9L34AhUJm_0HHTQJA3oQjJkEegQIAxAC&biw=1651&bih=912&dpr=1).

ham, 21. Juni 2022

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