Dez 19

Uta Zaumseil, Nachtflüge

Von Helmut A. Müller | In Katalog, Kunst

Publikation zu den gleichnamigen Ausstellungen vom 21.11.2020 bis 21.2.2021 in der Galerie der Stadt Backnang und 2022 im Angermuseum Erfurt, herausgegeben von Martin Schick, Galerie der Stadt Backnang und Kai Uwe Schierz, Angermuseum Erfurt mit Texten von Martin Schick und Kai Uwe Schierz

Kerber Verlag, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-7356-0740-9, 80 Seiten, 51 farbige Abbildungen, Hardcover gebunden, Format 21,5 x 28,5 cm, € 30,00 /CHF 36,84

Wer Holzschnitte mit Albrecht Dürers 1498 erstmals publizierten ›Apokalyptischen Reitern‹ (vergleiche dazu https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/kunstwerke/Albrecht-Dürer/Die-apokalyptischen-Reiter/FD3AB77448DAB571422E10865442EDB2/), Hans Holbeins des Jüngeren ›Totentanz‹ von 1538 (vergleiche dazu http://www.delago.de/ttanz/) oder HAP Grieshabers ›Marienkirche in Reutlingen‹ von 1934 (vergleiche dazu https://www.quittenbaum.de/de/auktionen/moderne-kunst/136B/tutto-sciolto/grieshaber-hap-the-marienkirche-in-reutlingen-woodcut-and-autograph-1934-93149/) verbindet, wird sich die markante, aus schwarzen Linien auf weißem Grund aufgebaute abstrahierte Figuration eines Hochdruckes vorstellen, der auf Vervielfältigung angelegt ist. 

Dass die Holz- und Linolschnitte der 1962 in Greiz geborenen und vielfach ausgezeichneten Uta Zaumseil (vergleiche dazu https://www.uta-zaumseil.de/vita/ und https://www.uta-zaumseil.de/film/) malerisch erscheinen, verdanken sie ihrer aufwändigen hybriden Technik: Zaumseil fotografiert ihr merkwürdig erscheinende Situationen, setzt sie in verlorene Schnitte um, druckt mit Händen und Füßen, baut gelegentlich auch noch andere Papiere ein, verwendet bis zu 40, 45 Farben, ist an Farbübergängen, Zwischentönen und Farbnuancen interessiert und stellt ausschließlich Unikate her (vergleiche dazu https://www.uta-zaumseil.de). Einzelne Motive wandern vom einem Druckstock zum anderen und bekommen dort eine neue Funktion. Damit „arbeitet sie mit der Technik gegen die Technik, anders gesagt: Sie überwindet mit den Mitteln der Technik die erwartbare konventionelle Ästhetik des Hochdrucks. Indem sie Einzelbilder herstellt, kann sie freier und ungezwungener damit umgehen, etwa beim Farbauftrag auf den Druckstock oder der Art der Montage verschiedener Druckformen. Es müssen ja keine zwei Bilder entstehen, die sich gleichen. Ist das Drucken bei Uta Zaumseil also mehr Malerei mit anderen Mitteln? Einerseits ja, weil diese Bilder überraschende malerische Qualitäten haben, die wir beim Holz- oder Linolschnitt in der Form so noch nicht gesehen haben … Und nein, weil eben doch vieles … nur über das Drucken entstehen kann“ (Martin Schick S. 5 f.). 

Uta Zaumseil lebt und arbeitet seit der Wende in der Nähe ihres Geburtsortes in Mehla / Zeulenroda-Triebes  auf dem Land und pendelt immer wieder nach Berlin, wo ihr Sohn studiert. Ihrem Pendeln verdankt sich auch das Titelbild ihres zu den Ausstellungen erschienenen Katalogs (vergleiche dazu https://www.kerberverlag.com/de/1873/uta-zaumseil): Es zeigt ihren Sohn, der beim Lesen über der nächtlichen Großstadt schwebt.

ham, 18.12.2020

Kommentare sind geschlossen.

COPYRIGHT © 2023 Helmut A. Müller