Publikation zu den Ausstellungen vom 27.5. – 6.7. 2014 in der Städtischen Galerie im Kornhaus Kirchheim/
Teck, vom 18.9. – 2. 11. 2014 im zumikon Nürnberg und vom 5.5. – 30.6.2015 in der Galerie Forum
Lindenthal, Köln mit Texten von Stefan Graupner, Heinz Neidel und Sam Szembek
Dr. Cantz´sche Druckerei Ostfildern, ohne Jahresangabe, ISBN 978-3-00-045740-1, 74 Seiten, 46
Farbbildungen, Hardcover gebunden mit transparentem Schutzumschlag, Format 28,5 x 23,5 cm
Sam Szembek spürt bei seinen Gängen ins Atelier seit mehr als 30 Jahren der eigenständigen Kraft der Linie im Bildraum nach. Seither entstehen an die minimalistischen Klangwelten von Luigi Nono erinnernde, auf wenige Linien, Setzungen und Gewichtungen reduzierte Bildräume und daneben Skizzen und Rotstiftzeichnungen, die an die Figuration herkömmlicher Bildfindungen denken lassen. So hat Szembek im Jahr 1991 in seiner Ausstellung im Hospitalhof Stuttgart eine Serie von sechs Zeichnungen Ohne Titel in Rotstift auf Papier aus dem Jahr 1990 gezeigt, die als Annäherung an das Geschehen des Ostermorgens und als Erinnerung an den Gang der Frauen zum Grab gelesen werden kann. Als ich ihn dieser Tage gefragt habe, warum er seinen im vorliegenden Katalog abgebildeten Zyklus von neun Zeichnungen zur seit einiger Zeit in der Staatsgalerie Stuttgart gezeigten Grauen Passion von Hans Holbein dem Älteren Skizzen nennt, hat er mir mit folgenden Zeilen geantwortet: „Nun stelle Dir ganz simpel vor, daß ich in der Staatsgalerie den ehrwürdig- kostbaren Holbein-Tafeln begegnet bin, und sie einfach besser und näher kennenlernen wollte. Hierfür schlug ich auf dem Atelierboden den Katalog auf, riß verworfene Zeichnungen in ein kleineres
Format —– und reinigte mit Klopapier deren Rückseite vom Kohlestaub. Hernach begann ich auf dem Boden kniend zu zeichnen. Was man auf diesem Weg erfährt über das Werk eines Kollegen kann man einem Außenstehenden kaum beschreiben —– man vollzieht das Bild gleichsam nach. —– Daß mich eben diese Begegnung innerhalb kürzester Zeit derart berühren würde, konnte ich anfangs nicht ahnen […]. Bei Holbein nun sind es 13 Tafeln und bei mir aber nur 9 Blätter. Hierfür gibt es eine ganz einfache Erklärung: die Auferstehung, dieser Tafel gegenüber war ich blockiert. Dieses Abgeklärte…….. Und dann fehlen noch zwei. In meiner Schlamperei hatte ich im Katalog einfach eine Doppelseite überschlagen, und es nicht bemerkt. Ich erzähle das um nachvollziehbar zu machen, wie unspekulativ und absichtslos dieser Arbeitsschritt war. Man muß sich schon vorstellen: diese Hochkultur an Malerei und dort die Abfallblätter auf dem Fußboden“ (Sam Szembek in seiner Mail vom 24.1.21016 an den Verfasser).
Szembek findet zu seinen Zeichnungen also auch Sprachbilder und Worte, die sein zeichnerisches Denken zuweilen alltagssprachlich und zuweilen in hohem Ton auf den Punkt bringen. Diese Seite seines künstlerischen Schaffens ist bisher weitgehend unbekannt geblieben. Sie gilt es noch zu entdecken. Auf einem unter dem Link https://www.youtube.com/watch?v=VsBaOQ1CQGY auf YouTube zu findenden Video hat er sein Verständnis von zeichnerischem Tun wie folgt beschrieben: „Nichts sagen muss die Zeichnung; sie ist einfach da. Die Linien haben Präsenz und sie sind der sichtbar hingeschriebene Impetus des Zeichners. Ich bin es selbst mit meiner Kraft und meinem Zweifel, die Linie. Meine Hand tut etwas, was ich einerseits will und worüber ich träume. Aber gleichzeitig beobachte ich mein Tun. Im zeichnerischen Geschehen relativiert und korrigiert sich meine Vorstellungen. Was ich sehe, ist immer reicher als das, was ich mir vorstelle und was ich will. Das Zeichnen ist das notwendige Tun für ein Erkennen, das ich auf anderem Wege gar nicht anstreben kann“ (Sam Szembek). Im angezeigten Katalog befindet der Künstler zusammenfassend: „Eine Hand schreibt, aber die Sprache ist Denken“ (Sam Szembek S. 45)
ham, 28.1.2015.