Publikation zur Ausstellung Russell Maltz – Painted / Stacked / Suspended vom 19.05 – 27.08. 2017 in der
Stadtgalerie Saarbrücken, herausgegeben von Andrea Jahn, Amelia Kutschbach, Russell Maltz mit Texten
unter anderem von Frank Badur, Andrea Jahn, Saul Ostrow und Annie Wischmeyer
Kerber Verlag, Bielefeld 2017, ISBN 978-7336-0370-8, 228 Seiten, 184 farbige und 15 schwarzweiße
Abbildungen, Hardcover gebunden, Format 31 x 31,2 cm, € 55,00 / CHF 67,54
Malerei von Russell Maltz konnte man in Deutschland ab den ersten 1990er Jahren unter anderem im
Amerika Haus und in der Akademie der Bildenden Künste in Berlin, in der Galerie Michael Sturm in
Stuttgart, in der Stadtgalerie im Turmschulhaus Backnang und im Wilhelm-Hack-Museum in Wilhelmshafen
begegnen, aber auch auf Baustellen, Parkplätzen, im Gebirge und 2017 im Innenhof des barocken Stadtpalais
in Saarbrücken, in dem das Saarlandmuseum untergebracht ist. Für Andrea Jahn ist Maltzs Malerei „eine
Malerei ohne Leinwand“ (Andrea Jahn S. 198), die ihren Malgrund auf Sperrholz-, Glas- und
Verbundholzplatten, Stahlträgern, Dielen, Bretter- und Spaltholz-Stapeln ebenso gefunden hat wie auf
Paletten mit Verbundsteinen und auf PVC-Röhren (vergleiche dazu https://www.google.de/search?
q=russell+maltz&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ved=0ahUKEwibnbjrvq_bAhVIthQKHTq9B-4Qs
AQIMA&biw=1656&bih=912, abgerufen am 31. Mai 2018).
Russell fädelt seine Malerei wie unregelmäßige Pendel oder ausgeschnittene Zitate an galvanisierten Nägeln
auf, verstreut sie wie Mikadostäbe auf dem Boden und nutzt Baustoffe im öffentlichen Raum und auf
Baustellen, um sonst unauffällige Orte farblich zu akzentuieren. „Für wenige Wochen bilden sie das
Highlight an überwiegend unscheinbaren Orten, an denen sonst schnöde Funktionsarchitektur regiert und
Kunst selten ihren Platz findet“ (Andrea Jahn, S. 198f). Was die Arbeiten im Innen- und Außenraum
verbindet, sind gelbe, rote und blaue Neonfarben und immer wieder auch die Farben Schwarz und Weiß.
Nach einigen Wochen gehen die bemalten Baustoffe im öffentlichen Raum in die geplanten Häuser und
Hallen ein. „Diese Arbeiten sind das Ergebnis eines andauernden Projekts, das Maltz im Jahr 2004 begonnen
hat. Darin beschäftigt er sich mit Prozessen, die bei der Herstellung seiner Kunstwerke stattfinden – beim
Transport, beim Malen, bei ihrer Montage und Demontage und bei der Überführung in den öffentlichen
Raum. Dabei sind die Spuren ihrer Entstehung sowie die Dauer ihres Bestehens von elementarer Bedeutung“
(Andrea Jahn S. 199).
Maltz sieht seine Outdoor-Arbeiten als offene Kunstwerke an, die aus der kollektiven Zusammenarbeit
unterschiedlichster Professionen entstehen und eine weit über den Künstler hinausgehende gemeinsame
Erfahrung evozieren. „Dabei geht es ihm um die Auflösung der Grenzen zwischen Skulptur, Performance
und Malerei“ ebenso wie um die Auflösung des Anspruchs auf individuelle Künstlerschaft (Andrea Jahn S.
200). Möglicherweise geht dieser Impetus auf seine Studienjahre zurück: Maltz hatte sich im Jahr 1974 um
einen Studienplatz für das Bachelor of Fine Arts-Studium an der State University of New York beworben und
war mit der Begründung abgelehnt worden, dass er nicht wisse, wie man malt. Man bot ihm stattdessen einen
Platz in der Kunstpädagogik an. „Seine Rückfrage: ›Kann ich die Ateliers des B.F.A.-Programms für meine
Malerei und Arbeit nutzen?‹“ Als dies bejaht wurde, entschloss er sich, zu bleiben. Der umfangreiche
Werkkatalog, der mehrere Jahrzehnte von den architekturbezogenen Malerei-Installationen der späten
1960er-Jahre bis hin zu den Neon-Assemblagen der jüngsten Zeit umfasst, zeigt, dass er, auch wenn er in
den 1970er-Jahren vielleicht tatsächlich nicht im Sinne der Prüfungskommission malen konnte, seitdem das
Verständnis von Malerei und ihren Begriff geöffnet, entgrenzt und damit grundlegend verändert hat.
ham, 31. Mai 2018