Bestandsverzeichnis und Ausstellungskatalog anlässlich der Ausstellungen vom 25.11.2012- 07.04.2013, in den Kunstsammlungen Chemnitz-Museum Gunzenhauser, vom 20.4. bis 07.07.2013, in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen und vom 13.10.2013 bis 02.02.2014 im Ernst Barlach Haus , Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg. Herausgegeben von Ingrid Mössinger und Thomas Bauer-Friedrich mit Texten u.a. von Thomas Bauer-Friedrich, Katharina Heider und Barbara Wiegand- Stempel
Kunstsammlungen Chemnitz/Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen/Ernst Barlach Haus/ Wienand Verlag, Köln, 2012, ISBN 978-3-86832-14-1, 272 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover, gebunden, Format 30,4 x 24,5 cm, € 28,- (Museumsausgabe)
Der 1897 als Konrad Felix Müller in Dresden geborene und sich ab 1924 Conrad Felixmüller nennende neben Otto Dix wichtigste Vertreter der Neuen Sachlichkeit wurde bisher vor allem durch seine spannungsreiche Darstellung der Welt der Bergarbeiter in Sachsen und im Ruhrgebiet in der Zeit der 1920er Jahre bekannt. In seinem autobiografischen Text von 1975 ‚Über meinen Weg: Vom Studium durch den Expressionismus zum Realismus‘ „räumt er 1975 seinen Studien in den Steinkohlenrevieren einen entscheidenden Stellenwert in seiner Abkehr vom Expressionismus ein: >>Als ich jedoch bald die formvernichtende, formalistische Leere des Expressionismus empfand, wurde ich hingerissen von dem mir nahliegenden Emanzipationskampf der Arbeiterklasse. Diesem suchte ich in meinen Arbeiten Ausdruck zu geben. Dadurch kam ich sehr schnell von dem primitiven Stil des Expressionismus ab. Ich griff zurück auf das realistische Studium vor der Natur, besonders als ich ergriffen von den schwerarbeitenden Proletariern in den sächsischen Kohlenbergwerken Lugau- Ölsnitz und im Ruhrgebiet meine Studien, Bilder und Graphik machte.<<“ (Thomas Bauer- Friedrich/Conrad Felixmüller). Ab den mittleren 1920er Jahren wird sein Werk malerischer. „Der Kern meiner Malerei ist die offene Begeisterung für das Gesicht unserer Welt, für die sichtbaren Daseinseindrücke und für malgerechte Wiedergabe. Alle Experimente meinerseits führten mich in gesteigerter Bewegung für erhöhte Klarheit in der Erkenntnis der Wirklichkeit und deren Wiedergabe“ (Conrad Felixmüller, 1930). Er beginnt, ganze Auflagen von Graphiken und Dutzende von Gemälden aus seiner expressionistischen Phase zu vernichten und setzt Ton an Ton und Farbe an Farbe. „Immer ist die Farbe als Farbe für mich massgebend – ganz gleich ob sie >tonig< ist. Nicht die alten Meister zu erreichen – sondern meine Eindrücke des gesehenen Lebens, die Natur, meine Glückseligkeit der Erkenntnisse vor ihr – u dieselben, leiten mich“ (Conrad Felixmüller, 1930).
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 werden Felixmüllers frühe Werke öffentlich diffamiert; 1937 werden ca. 150 seiner Werke in deutschen Museen beschlagnahmt. Vier Gemälde und drei Graphiken sind ab Juli Teil der Münchener Wanderausstellung „Entartete Kunst“. Der nach Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone erhoffte Neuanfang gestaltete sich schwieriger als gedacht. „Mitte der 1950er Jahre sah sich Felixmüller von der Realität des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft in der DDR eingeholt, was für ihn bedeutete, weitestgehend ausgeschlossen zu sein aus einem Prozess, bei dem man anfänglich auf ihn als Galionsfigur gesetzt und ihn aufgrund seines Jugendwerks instrumentalisieren zu können geglaubt hatte. Wurden Arbeiten von ihm in offizielle Ausstellungen integriert, handelte es sich in der Regel um frühe Gemälde wie die Bildnisse von Otto Rühle und Raoul Hausmann von 1920…, den ‚Zeitungsjungen‘ von 1928 oder Druckgrafik, die vornehmlich unter dem Schlagwort >>proletarisch-revolutionäre Kunst!<< der 1920er Jahre präsentiert wurden“ (Thomas Bauer-Friedrich). Einen Überblick über das Gesamtwerk hat erst Wolfgang Ketterer 1966 /67 in München ermöglicht. Die jetzt gezeigte Ausstellung und der dazu vorgelegte und auf den neuesten Stand der Forschungen gebrachte Katalog zeichnet die Entwicklung des Gesamtwerks von Conrad Felixmüller im Detail nach und widmet seinen privaten Motivgruppen, darunter seinen zahlreichen Selbstbildnissen, seinen Liebespaar- Darstellungen sowie seinen Familien- und Kinderbildnissen ebenso eigene Kapitel wie seinem und den Porträts seiner Freunde. Die mehr als 120 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken und die eine Skulptur aus dem Museum Gunzenhauser der Kunstsammlungen Chemnitz, dem Lindenau- Museum Altenburg aus weiteren deutschen Museen und aus privaten Sammlungen zeigen das Gesamtwerk Felixmüllers in allen wesentlichen Aspekten und erlauben es, die stilistischen Entwicklungen nachzuvollziehen. Die zugleich als Bestandsverzeichnis und Ausstellungskatalog aufgelegte Publikation setzt Maßstäbe, die in den nächsten Jahren kaum überboten werden dürften.
ham, 17.7.2013
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