Jan Thorbecke Verlag, 2022, ISBN 978-3-7995-1573-3, 352 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen, Softcover, Format 26,9 x 21 cm, € 32,00
Marc Chagall (1887 – 1985) hat die Bibel illustriert (vergleiche dazu https://www.originalgrafik.de/Marc-Chagall-Die-Bibel/Chagall-Bibel-I-1956:::443_555.html und https://www.plazzart.com/de_AT/kauf/moderne-kunst/marc-chagall-nach-moses-und-der-brennende-dornbusch-lithographie-535256), Lucas Cranach (1472 – 1553; vergleiche dazu den Holzschnitt ›Der Heilige Michael als Seelenwäger‹, 1506. In: https://www.staatsgalerie.de/g/sammlung/sammlung-digital/einzelansicht/sgs/werk/einzelansicht/CAA33BF1382248949ABA3ECD49517C4F.html), Salvador Dalí (1904 – 1989; vergleiche dazu https://www.pro-medienmagazin.de/ein-leckerbissen-fuer-kunstliebhaber-die-bibel-bei-dali/), Albrecht Dürer (1471 – 1528; vergleiche dazu seinen Holzschnitt ›Die vier apokalyptischen Reiter‹ von 1498 und 1511. In: https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/kunstwerke/Albrecht-Dürer/Die-apokalyptischen-Reiter/FD3AB77448DAB571422E10865442EDB2/), Arnulf Rainer (geb. 1929; vergleiche dazu http://www.burda-museum.de/a_rainer-ausstellung.htm und https://www.artinside.ch/arnulf-rainers-bibeluebermalungen/), Rembrandt Harmensz van Rijn (1606 – 1669, vergleiche dazu ›Die Anbetung der Hirten von 1646. In: http://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/k2xnEVN4Pd/rembrandt-harmensz-van-rijn/die-anbetung-der-hirten), Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 – 1872; vergleiche dazu https://www.booklooker.de/Bücher/Julius-Schnorr-von-Carolsfeld+Die-Bibel-in-Bildern/id/A02uG0wb01ZZM), Michael Wolgemut (1434 – 1519; vergleiche dazu den Holzschnitt ›Die Vertreibung aus dem Paradies, 1493. In: https://artsandculture.google.com/asset/the-expulsion-from-paradise/CgFyeHz-6j5XGQ?hl=de) und viele andere auch.
Die Kreativ Edition der von der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart herausgegebenen ›Gute Nachricht Bibel‹ geht noch einen Schritt weiter: Sie setzt mehr auf Verstehbarkeit für den Leser als auf die wörtliche Nähe zum Ausgangstext und sucht Formulierungen, die heutige Leser besser verstehen. „Dieser kommunikative Ansatz wird durch die Ausgestaltung zu einer ›Kreativ Edition‹ verstärkt. Der Leser wird weniger in seiner universalen Voraussetzung … zum Bezugspunkt gemacht, sondern mehr in seiner partikularen, individuell-charakterlichen bzw. biographischen Prägung. Es geht vor allem ums kognitive Verstehen … und Anknüpfungspunkte für das persönliche Vorstellungs- und Erinnerungsvermögen“ (bildfromm? S. 163). Der Leser kann seine Einfälle, Vorstellungen und Bilder in an die Ränder dieser Ausgabe angebrachten Kästen festhalten und so diese Bibelausgabe „fertig schreiben“.
Der von Christian Herrmann, dem Leiter der Abteilung ›Sondersammlungen‹ und der Sammlung ›Alte und wertvolle Drucke‹ der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart herausgegebene Band ›bildfromm ?‹ beleuchtet die Breite und Vielfalt der Bibelillustrationen in der Bibel- und Frömmigkeitsgeschichte. „Die Fülle der Illustrationen in Bibelausgaben entspricht der quantitativen Dichte, in der Bibeltexte die Beziehung zu Gott bzw. den Glauben in eine Verbindung mit Vorgängen des Sehens bringen. Das biblische Bilderverbot schließt die Wechselwirkung von Sehen und Glauben nicht aus, sondern präzisiert sie. Ein Erkenntnisgewinn … liegt in der Wahrnehmung, welch große Bedeutung ein sinnlich basierter Zugang zum Glauben bzw. den Inhalten des Glaubens hat“ (Christian Herrmann S. 7).
Der Band folgt den Stationen der sogenannten Heilsgeschichte von der Schöpfung und dem Sündenfall über das sichtbare Wirken Gottes durch Engel, das Bilderverbot und das Sehen Gottes, die Weihnachtsbotschaft „Lasst uns die Geschichte sehen, die da geschehen ist“ bis zur Vision eines neuen Himmels und einer neuen Erde in Offenbarung 21,1. Christian Herrmann geht in seinem einleitenden Essay ›Sehen und Glauben‹ der Wechselwirkung von Wort und Bild‹, dem heilsamen Gebrauch der Bilder und dem Bilderverbot, der Bildung durch Bilder und dem Vorbild der Kinder nach und kommt zu dem Ergebnis, dass das Ziel der Heilsgeschichte, des kirchlichen Lebens, der Bibellektüre und der theologischen Lehre letztlich kein möglichst präziser oder reiner Gottesbegriff ist, sondern geschenkte Anschauung, das sich Anschauen-lassen Gottes und der Wirk-Zusammenhang von Sehen und Glauben, von Betrachtung und Gotteserfahrung.
Margit Eckholt diskutiert Grundlinien einer ästhetischen Theologie und poetischen Dogmatik, Ricarda Höffler die Verkündigung der biblischen Botschaft als multimediales Ereignis und Andreas Matena die Rolle der Schönheit in der monastisch-mystischen Theologie Bernhards: Demnach steht in den frühen Manuskripten aus Clairvaux nicht das geschriebene, sondern das sich in den Leser hinein inkarnierende Wort im Vordergrund. An der Dreifaltigkeitskirche in Speyer (vergleiche dazu http://dreifaltigkeit-speyer.de) lässt sich zeigen, dass auch lutherische Kirchenräume stets als Gesamtensembles zu betrachten sind, „deren Einzelelemente nicht nur präzise aufeinander, sondern auch auf das gottesdienstliche Geschehen abgestimmt sind, mit denen sie in Beziehung treten … Sie sind damit entscheidender Teil der Verkündigung, die alle Sinne gleichzeitig anspricht, um dem Menschen die ihm geltende biblische Botschaft ins Herz zu prägen. Die Pflege des Glaubens bedarf folglich nicht nur im Katholizismus, sondern auch im Luthertums der medialen Vielfalt in ihrer gesamten Bandbreite – ganz so, wie es Luther bereits 1529 geschrieben hatte“ (Ricarda Höffler S. 81).
Der Band überwältigt mit der Fülle seines Materials, leitet mit seinen knapp gehaltenen kunst- und kulturgeschichtlichen Hintergründen zur Einordnung der Exponate und ihrer Autoren an und hilft mit seinen präzisen Bildbeschreibungen zum genauen Sehen und Verstehen.
ham, 5. Dezember 2022