Publikation zu den Ausstellungen ‚Macht. Wahn. Vision. Der Turm und urbane Giganten in
der Skulptur‘ vom 26.10. 2013 – 23.2.2014 in den Städtischen Museen Heilbronn und ‚Macht.
Wahn. Vision. Rapunzel & Co. Von Türmen und Menschen in der Kunst‘ vom 06.04. –
31.08.2014 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hrsg. von Marc Gundel und Oliver Kornhoff
Städtische Museen Heilbronn, Landes-Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Kerber
Verlag Bielefeld, 2013, ISBN 978-3-86678-908- 1, 192 S., zahlreiche Farbabbildungen,
Hardcover gebunden, Format 27,5 x 22,5 cm, € 39,80 / SFR 51,70 (Buchhandelsausgabe)
Der Turm der Heilbronner Kilianskirche, einer der bedeutendsten Renaissance-Kirchtürmen
nördlich der Alpen, hat nicht nur immer wieder Turner zu Handständen auf seiner Spitze
motiviert, sondern mutmaßlich auch das von den Städtischen Museen Heilbronn und dem Arp
Museum Bahnhof Rolandseck gemeinsam verantwortete Ausstellungs- und Katalogprojekt
‚Macht. Wahn. Vision‘ mit auf den Weg gebracht. Die beiden auf die jeweiligen Häuser
zugeschnittenen Stationen der Ausstellung werden im Katalog in ihren religions-, kultur-,
Architektur- und kunstgeschichtlichen Zusammenhängen entfaltet. Neben den
ortsspezifischen Bezügen ist für den Initiator der Ausstellung Dieter Brunner die gewachsene
Bedeutung des Turmmotivs in der Bildhauerei maßgeblich geworden. „Die Ausstellung
konzentriert sich innerhalb der architekturbezogenen
Bildhauerei auf das Sujet >>Turm<< und dessen unterschiedlichste Weiterentwicklungen.
Das Haus allgemein, aber auch die Säule, das Tor, die Treppe, der Platz und selbst das Schiff
sind verwandte Motive in der Skulptur zum Turm, die sich fast gleichzeitig und miteinander
entwickelt haben. Häufig bedienen sich dieselben Bildhauer in ihrer Arbeit gar mehrerer
dieser architektonischen Motive. Das Ausstellungsprojekt reflektiert ein Architekturthema,
das gesellschaftspolitisch immer allergrößte Bedeutung besaß. Zitiert werden sowohl Türme
aus der bilden Kunst wie Pieter Breughels Babylonischer Turm oder Vladimir Tatlins
Turmentwurf als auch reale Türme wie das Ulmer Münsters… Der Bezug zur menschlichen
Figur ist ein weiteres zentrales Anliegen des Projekts. Darüber hinaus werden Material- und
Formbezüge von Turmarchitektur zum in der Skulptur thematisierten Turm wie
beispielsweise das konstruktive Prinzip, die grundsätzliche Vertikalität und die additive
Ansammlung und Aufschichtung von Elementen aufgezeigt. .. Bildhauer arbeiten mit einer
Vielzahl an vertrauten Assoziationen, sie bedienen sich spielerisch und ironisierend des
architektonischen Formenkanons von Turm und Skyscraper, sie zitieren repräsentative und
anonyme >>Turm<<-Architektur. Im Zentrum ihrer Objekte steht aber nicht das
architektonische Vokabular selbst, sondern der künstlerische Umgang damit, die inhaltliche
Verfremdung und die Formulierung von Kommentaren aus der jeweils eigenen Zeit heraus“
(Dieter Brunner). Neben hauseigenen Arbeiten wie Werner Pokornys ‚Modell 1:10 für
‚Turm/Haus-Haus‘ von 1989, Stefan Rohrers ‚Land Unter‘, 2008 und Hans Arps ‚Hommetour
Trèves (Turmmensch Trier)‘ von 1961 werden die in der breiteren Öffentlichkeit noch zu
entdeckende Serie von archaischen Türmen ohne Titel von Abi Shek aus dem Jahr 2004 und
die in ihrer je eigenen Art spektakulären kleinformatigen Bronze-Türme von Jo Schöpfer aus
den Jahren 1987 und 2004 und Abraham David Christians 2007 in Bronze gegossene und
grau patinierte ‚_Hayama_7‘-Serie gezeigt. Auf Überwältigung angelegt ist dagegen Malachi
Farells interaktive Rauminstallation ‚Nothing stops a New Yorker‘, 2005, Holz, Karton,
Motoren, die den Terrorangriff vom 11.09.2001 auf die Twintowers des World Trade Centers
in New York reflektiert und weiterdenkt. Von Ràul Ortega Ayalas ‚Babel Fat Tower‘ wird am
Schluss der Ausstellung nicht mehr viel Strukturiertes zu sehen sein. Ayala hat den von Pieter
Brueghel d.Ä. 1563 in seiner gleichnamigen Malerei als Rundbau vorgestellten Turmbau zu
Babel in freier Weise in Fett und Knochen nachgebaut und setzt ihn während der Ausstellung
der Wärme von Lampen aus. Das Fett schmilzt und der Turm geht den Weg alles Irdischen.
ham, 20.11.2013
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