Katalog zur Ausstellung ‚Olaf Metzel, Aus der Kurve. Arbeiten von 1988 – 2012‘ vom 16.03. – 23.06.2013 im Kunstverein und in der Kunsthalle Vogelmann Heilbronn, hrsg. von Matthia Löbke mit Texten von Bodo Fründt, Patrick Lambert und Peter Richter
Kunstverein Heilbronn / Snoeck Verlagsgesellschaft Köln, 2013, ISBN 978-3-86442-041-2, 144 S., 100 Farbabbildungen, Softcover mit geprägtem Schutzumschlag, Format 31 x 21 cm, € 29,80
Paul Schwer
In Progress
Katalog zu den gleichnamigen Ausstellungen 2007 – 2009 unter anderem im Museum der Stadt Ratingen.
Hrsg. von Klaus Thelen mit Texten unter anderem von Christoph Kivelitz
Museum der Stadt Ratingen / Kunsthaus NRW / Kettler Druckverlag Bönen 2007, ISBN 13978-3-926538-68-0, 64 S., zahlreiche Farbabbildungen, Klappenbroschur, Format 23 x 16,8 cm, € 12,–
Der 1952 in Berlin geborene und in Kreuzberg groß gewordene langjährige Münchener Professor für Bildhauerei Olaf Metzel hat es mit skulpturalen Arbeiten wie dem im Lichthof des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart an die Wand gelehnten überdimensionierten Lorbeerkranz und dem an die Wand geschriebenen Wort „Stammheim“ (Stammheim, 1984), dem aus rot-weißen Absperrgittern, Einkaufswagen und Pflastersteinen auf dem Kurfürstendamm in Berlin errichteten „Randale-Denkmal“ (1987) und dem klassisch gearbeiteten, nahezu zeitlosen Frauenakt in Bronze, der ein Kopftuch trägt (Turkish Delight, 2007), immer wieder geschafft, intensive gesellschaftliche Kontroversen hervorzurufen. In der von Matthia Löbke kuratierten Heilbronner Ausstellung bildet ‚Turkish Delight‘ zusammen mit in Beton gegossenen und klassisch realistisch bemalten doppelreihigen Urinalen und einer leicht aus der Ordnung geratenen Party von Stehtischen (Red Party, 2009) eine Art Brücke zu Metzels bisherigem bildhauerischen Werk. Aber im Zentrum steht seine neue Werkgruppe der „Zeitungsarbeiten“. Über sein raumfüllendes, an sternförmigen Fächern aufgehängtes Ballett von Zeitungsmatrizen (Il Balletto della crisi, 1988 ) scheint die Zeit hinweggegangen zu sein. Einige der Matrizen hängen wie abgerissen von den Fächern herab und sind dabei, auf den Boden zu fallen. Andere scheinen durchnässt und wölben sich auf. Dritte sind zerkratzt. Trotzdem kommt die Arbeit auch noch nach 25 Jahren erstaunlich frisch daher und widerlegt die Auffassung, dass nichts so alt ist wie die Zeitung von gestern.
Üblicherweise erlaubt man es sich, die Zeitung von gestern, die einen nicht mehr interessiert, zu zerknüllen und in den Papierkorb zu werden. Olaf Metzel greift diese alltägliche Übung in seiner neuen Werkgruppe auf und steigert sie ins Monumentale. Er bedruckt riesige Aluminiumplatten mit Nachrichten aus den Zeitungen von gestern, so mit Nachrichten vom Tod der Amy Winehouse, von
Architekturprojekten Oscar Niemeyers und von dem Terror der RAF. Er knickt, zerknüllt und faltet die Platten, als ob sie aus Papier bestünden, und hängt sie an die Wand. In dieser Bearbeitung werden die Aluminiumplatten in skulptural offene Origami-Figuren transformiert, die dem Chaos gerade noch einmal entsprungen sind und so etwas wie Ordnung am Rande des Chaos ausstrahlen. Wenn man will, kann man eine formale Nähe zu der von Paul Schwer ab den mittleren 1990er Jahren aus seiner abstrakten Farbfeldmalerei heraus entwickelten Werkgruppe der „Baozi“ feststellen. Schwers „Baozi“ erinnern an die in der chinesischen Küche beliebten gefüllten Teigtaschen. Sie sind aus bedruckten, ursprünglich planen Teilstücken zusammengesetzt und erlangen durch ihre Formung Volumen und körperhafte Qualität. Schwer geht anders als Metzel von Plexigläsern aus, die er im heißen Zustand formt und in die von ihm gewünschte Gestalt bringt.
Es wäre spannend, bei Gelegenheit einmal Schwers Werkgruppe der Baozi mit Metzels Werkgruppe der Zeitungsarbeiten zusammen auszustellen. Möglicherweise ließe sich dann genauer erkunden, warum künstlerische Formung die Halbwertzeiten von Tagesaktualitäten extrem verlängert und warum die in künstlerische Form eingebettete malerische Farbabstraktion tagesaktuell erscheint.
ham, 12.05.2013
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