Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 21. März 2020 – 8. Februar 2021 im PalaisPopulaire, Berlin, herausgegeben von der Deutschen Bank AG mit einem Vorwort von Anke Hallmann, Texten von David Campany und Friedhelm Hütte, Gesprächen zwischen Tokihiro Sato und Mariko Takeuchi, Oliver Koerner von Gustorf und Mathilde ter Heijne, Zohra Bensemra und Michket Krifa, Cao Fei und Eddy Frankel und Arbeiten der KünstlerInnen

Shirin Aliabadi, Kader Attia, Yto Barrada, Bernd & Hilla Becher, Zohra Bensemra, Mohamed Camara, Cao Fei, Susan Derges, Samuel Fosso, Andrea Galvani, Gauri Gill & Rajesh Vangard, Andreas Gursky, Siobhán Hapaska, Mathilde ter Heijne, Candida Höfer, Ottmar Hörl, Axel Hütte, Zhu Jia, Idris Khan, Martin Liebscher, Julio Cesar Morales, Andreas Mühe, Roman Ondak, Adrian Paci, Sigmar Polke, Jo Ractliffe, Gerhard Richter, Anri Sala, Viviane Sassen, Gregor Schneider, Tokihiro Sato, Anett Stuth, Hiroshi Sugimoto, Amalia Ulman, Wim Wenders, Miwa Yanagi

KERBER Photo, KERBER Verlag Bielefeld, 2020, ISBN 978-3-7356-0684-6, 212 Seiten, cirka 75 farbige und diverse s/w Abbildungen, Klappenbroschur, Format 27 x 20 cm, 40,00 € | 49,12 CHF

Ikonische Arbeiten wie Hiroshi Sugimotos ›Rosecrans Drive-In, Paramount‹, 1993 (vergleiche dazu http://www.artnet.com/artists/hiroshi-sugimoto/rosecrans-drive-in-paramount-BCxR2QkdFsyTwI2qWgJLEQ2), Bernd und Hilla Bechers ›Gasbehälter‹, Düsseldorf-Kaiserswerth, 1975 (vergleiche dazu http://spruethmagers.com/artists/estate_bernd_hilla_becher@@viewq10 und https://www.google.de/search?sxsrf=ALeKk01uKtr5PxBW0B8korn8gPHKbTXwsA:1589789302427&source=univ&tbm=isch&q=bernd+und+hilla+becher+werke&sa=

X&ved=2ahUKEwjZ743V-rzpAhVGPcAKHea8DKoQsAR6BAgKEAE&biw=1540&bih=911#imgrc=MVaa_d-ZJSBQEM) und Gerhard Richters ›Sechs Fotos 2.5.89 – 7.5.89‹, 1991 (vergleiche dazu https://www.gerhard-richter.com/de/art/editions/six-photos-may-27-1989-f-7-may-1989-12766/?p=1) gehören ebenso zu der vor 40 Jahren begonnenen Fotosammlung Deutsche Bank wie Mathilde ter Heijnes Projekt ›Woman to Go‹ (vergleiche dazu https://www.google.de/search?sxsrf=ALeKk01tYp9-KtK0AwbMQmbEUITRSEOKBw:1589790126053&source=univ&tbm=isch&q=mathilde+ter+heijne+woman+to+go&sa=X&ved=2ahUKE

wik3evd_bzpAhVL_aQKHbQZAXoQsAR6BAgKEAE&biw=1540&bih=911), das in seinem Entstehungsjahr 2005 zusammen mit ihren Arbeiten ›F. F. A. L. (Fake Female Artist Life) Nr. 1 (Elvire Goulot), 2 (Elaine Riseley), 3 (Ueno Otoko), alle 2003 und 4 (Geertruyd Roghman), 2005, (vergleiche dazu http://www.terheijne.net/works/f-f-a-l-4/=) und Texten aus Guillaume Apollinaire, „La Femme assise“, 1920, Margareth Atwood, „Cat’s Eye“, 1988 und Yasunari Kawabata, „Utsukusha To“, 1961  auch im Hospitalhof Stuttgart ausgestellt werden konnte. 

Die Ausstellung ›Time Present‹ zeigt erstmals einen Querschnitt der rund 5000 zeitgenössische Fotografien umfassenden Sammlung. Am Anfang stehen junge deutsche Positionen der Düsseldorfer Schule wie  Andreas Gursky, Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Ruff und Thomas Struth und Arbeiten von Lothar Baumgarten, Gerald Domenig, Günther Förg, Jochen Gerz, Astrid Klein, Raimund Kummer, Hermann Pitz und Wim Wenders im Zentrum des Interesses. Im Laufe der Jahre öffnet sich die Sammlung für afrikanische Postionen wie Zohra Bensemra und Samuel Fosso und für asiatische Werke wie die von Miwa Yanagi oder Cao Fei. Heute ist die Sammlung international aufgestellt. Die von Friedhelm Hütte verantwortete Auswahl reflektiert das Medium Fotografie und „untersucht, wie sich bildende Künstler und Künstlerinnen, Fotografen und Fotografinnen seit den 1970er-Jahren mit dem Thema ›Zeit‹ und der ganzen Spannbreite der künstlerischen Möglichkeiten und Strategien in der Fotografie auseinandergesetzt haben. Die technische, konzeptionelle, formale und phänomenologische Auseinandersetzung mit Zeit, die Verbindung zwischen Fotografie, Zeit und Zeitgeschehen bilden hierbei den thematischen Rahmen, um die Geschichte der Fotografie in der Sammlung der Deutschen Bank aus unterschiedlichen Positionen zu beleuchten“ (Friedhelm Hütte S. 33 f.).

„Das erste Kapitel ›Time Exposed‹ […] vereint Positionen, die sich mit Fotografie als zeitbasiertem Medium auseinandersetzen. Sie hinterfragen die Grenzen zwischen starrem und bewegtem Bild, zwischen objektiv und subjektiv wahrgenommener Zeit […]. ›Time Exposed‹ ist der doppeldeutige Begriff, den der japanische Künstler Hiroshi Sugimoto in Hinblick auf sein Werk benutzt. Er spricht damit sowohl den Prozess der Belichtung als auch die Fähigkeit der Fotografie an, das eigentlich Ungreifbare der Zeit für das Auge sichtbar zu machen. So hält Sugimoto auf ›Rosecrans Drive-In, Paramount‹ von 1993 in der Langzeitbelichtung die Dauer eines ganzen Films in einer einzigen Aufnahme fest […]. Was bleibt, ist eine weiß strahlende Leinwand, die zum Symbol für die in der Fotografie gespeicherte Zeit wird“ (Friedhelm Hütte S. 38 f.). Bernd und Hilla Bechers anonyme Skulpturen stehen wie auch Richters Fotoserie ›2.5.89 – 7.5.89‹ und Mathilde ter Heijnes ›Woman to Go‹ für die Spur des vergangenen Wirklichen der Gegenwart: ›Today is the Past‹. Ter Heijne hat in ›Woman to Go‹ Postkarten mit Aufnahmen unbekannter Frauen aus den Jahren zwischen 1839 und 1920 auf der Vorderseite und Biografien aus derselben Zeit auf der Rückseite in Postkartenständern ausgestellt und sie zum Mitnehmen angeboten, um ein Stück vergessene Geschichte lebendig werden zu lassen. Das dritte Kapitel ›A Moment of Intense Concentration‹ widmet sich dem Spannungsfeld zwischen Dokumentation und Inszenierung, das vierte (›The Future is Not a Dream‹) Hoffnungen und Zukunftsängsten.

Der britische Schriftsteller, Künstler und Kurator David Company reflektiert in seinem abschließenden Essay ›Fotografie, Da Capo‹ nicht nur, wie die jeweiligen Definitionen von Fotografie von der Wertschätzung des fotografischen Materials und der Apparateteile Linse und Verschluss abhängen, sondern auch, ob und inwiefern Fotografie Kunst und Nichtkunst ist und ein Medium oder mehrere und schließlich, wann ausgereifte Werke entstehen können: „Diese Frage wird fast nie gestellt […]. Es ist fast so, als wäre sie unangebracht. Wir könnten denken, dass Fotografie eigene Grenzen hat, die eine Entwicklung über bestimmte Punkte hinaus verhindern. Von Anfang an gab es Kritiker, die genauso argumentieren. Aber es könnte auch mit dem Fehlen von Grenzen, kombiniert mit ihrer sehr leichten Zugänglichkeit, zu tun haben. Viele Menschen haben mit relativer Leichtigkeit viele Sachen mit ihr gemacht. Es ist sicher möglich, in jungen Jahren ein fotografisches Werk von außerordentlicher Intelligenz, Kraft und Kreativität zu schaffen. Tatsächlich handelt es sich bei der Fotografie in der Kunst oft um eine Geschichte von bemerkenswert jugendlichen Leistungen […]. Wir denken da an die Familienalben des jugendlichen Jacques-Henri Lartigue aus den 1910er- und 1920er Jahren (vergleiche dazu https://www.google.de/search?q=jacques+henri+lartigue+photography&sxsrf=ALeKk02ge3ErqpwxYnzPsFhizS-VzDSEOQ:1589814614054&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=Sgw0fy6Naak4VM%253A%252ClrklFVp8aOuAOM%252C_&vet=1&usg=

AI4_-kQAAN23loXHHGAtMEhaf3SKFP06fA&sa=X&ved=2ahUKEwjE7tD62L3pAhWQ6aQKHSn7D_AQ_h0wDXoECAsQCQ#imgrc=Sgw0fy6

Naak4VM:); an die sehr frühe Ausbildung von Cartier-Bressons Stil in den 30-er Jahren (vergleiche dazu https://www.photoscala.de/2010/06/23/alles-was-ich-zu-sagen-habe-sagen-meine-bilder/ und https://www.google.de/search?q=cartier+bresson&sxsrf=ALeKk01bt50Bf0i7qgPD47XosqOiosP5HQ:1589815558104&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=JyqMEAQrEU-_XM%253A%252CLgQqbVQ0pZT0yM%252C_&vet=1&usg=AI4_-kQLLHyyQWlXPreIdVq8yWfjcYFFeg&sa=X&ved=2ahUKEwj_iuW83L3pAhWR2KQKHaWaAdcQ_h0wDnoECAsQCw); an die Stadtbücher von William Klein aus den 1950-er Jahren (vergleiche dazu https://www.google.de/search?q=william+klein+photography&biw=1540&bih=911&sxsrf=ALeKk02ymxFKVPj82s-RHL9Kq1v0tjzApw:1589819481726&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=DtTSebWX-2qTUM%253A%252CdOj2kvgRpYve4M%252C_&vet=1&usg=AI4_-kSXljxHSTkCjbmI6T_d9SaVPuaRsw&sa=X&ved=2ahUKEwimhNyL673pAhXLlqQKHfP_DOYQ_h0wE3oECAoQBQ#imgrc=DtTSebWX-2qTUM:); an den Fotokonzeptualismus von Dan Graham, Mel Blocher und Joseph Kosuth der 1960-er Jahre (vergleiche dazu https://www.moma.org/learn/moma_learning/joseph-kosuth-one-and-three-chairs-1965/); an die ›Untitled Film Stills‹ einer zwanzigjährigen Cindy Sherman in den 70-er Jahren (vergleiche dazu https://www.google.de/search?q=cindy+sherman+untitled+film+stills&sxsrf=ALeKk00pG-IfAQ4VevAO-zRwDiHNCgUuGw:1589816075586&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=N0s9JdpcTgefNM%253A%252Clzu4_Ere_q2atM%252C%252Fg

%252F11clw75n5j&vet=1&usg=AI4_-kTcXC64jPagF_Ngj7NsJgpoSiar9g&sa=X&ved=2ahUKEwjw0cWz3r3pAhXBDewKHV5cCjQQ_B0wCnoECAsQAw#imgrc=N0s9JdpcTgefNM:); oder an Wolfgang Tillmans frühe Verzauberungen des Alltäglichen (vergleiche dazu etwa https://www.pinterest.de/sophierosel/wolfgang-tillmans/). Jugend und Unerfahrenheit sind keine Hindernisse für die Leistungen der Fotografie. Sie können sogar von Vorteil sein“ (David Company S. 198).

ham, 18. Mai 2020

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