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Journal eines Kriegsfotografen
Hrsg. und mit einem Nachwort von Teun van der Heijden
Benteli Verlags AG Bern – Sulgen – Zürich, 2009, ISBN 978-3-7165-1607-2, 288 S., 90 Farb- und
160 s/w-Abbildungen, Softcover, Fadenheftung, Format 22,5 x 17 cm, € 49,80 (D) / 51,20 (A) /
SFR 78,–
Stanley Greene begann als Modefotograf und ist heute durch seine Kriegsreportagen weltbekannt.
Das Buch versucht herauszubekommen, was Kriegs- von anderen Fotografen unterscheidet. Der
zusammen mit dem Werbe- und Grafikdesigner Teun van der Heijden konzipierte Band kombiniert
Mode- und Kriegsfotografie mit einer aus authentischen Interviews collagierten fiktiven
Geschichte: ‚„Es ist schräg. Es ist interessant. Lass es uns mal ausprobieren‘, sagte Stanley. Wir
begannen am Konzept einer fiktiven Geschichte zu arbeiten, die mit echten Fotos verknüpft
wurde. Wir versuchten eine Hautfigur zu erfinden. Ich brauchte ein Jahr, um herauszufinden, dass
das Buch von Stanley selbst handeln musste. Ich begriff, dass die Figur, die wir zu erfinden
versuchten, Stanley war. …Die Zeit arbeitete für uns. Drei Jahre lang konnte ich Stanley
regelmäßig interviewen und so selbst das gleiche Thema, die gleichen Erfahrungen aus
verschiedenen Perspektiven ausloten… Manchmal, da bin ich mir sicher, war auch ein Gutteil
Fantasie im Spiel. Aber durch diese Arbeitsweise kreisten wir hartnäckig um den Kern der
Wahrheit… Stanley hätte ein erfolgreicher Pop-, Mode- oder Kunstfotograf werden können. Im
Alter von 57 Jahren hätte er die Wahl treffen können, auf der Suche nach dem Abenteuer mit einer
dreißig Jahre jüngeren Frau durch die Welt zu reisen… Dennoch gibt er wieder und wieder alles
auf und kehrt wie ein Süchtiger in die Krisengebiete zurück. Natürlich ist ein Grund dafür vor
allem auch sein politisches Engagement. Er verteidigt die Menschen, die keine Stimme haben, er
ist ein Vorkämpfer gegen die Ungerechtigkeit. Stanley fühlt sich wohl wenn er das System
bekämpfen kann, und er macht das gut. Es ist wie ein Trieb bei ihm… Ich denke immer häufiger,
dass Kriegsfotografie die ultimative Form ist, dem System zu entkommen, zum permanenten
Außenseiter zu werden… Wahlmöglichkeiten werden aufs Äußerste reduziert, komplizierte
Strukturen des Lebens radikal vereinfacht. Natürlich besitzt ‚Stanley ein enormes
Einfühlungsvermögen… Aber die Kehrseite der Empathie ist das Trauma, und eine Reaktion auf
das Trauma ist die Distanz – eine Distanz, die verschiedene Leute dadurch zum Ausdruck bringen,
dass sie eine Rolle spielen, einen Part übernehmen oder eine mönchische Losgelöstheit an den Tag
legen“ (Teun van der Heijden).
(ham)

Download: Stanley Greene – Black Passport

 

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