Gespräche zu Kunst und Büchern mit Magdalena Kröner

Schirmer / Mosel Verlag, München, 2024, ISBN 978-3-8296-1008-7, 376 Seiten, 112 farbige Abbildungen, Hardcover, gebunden mit Schutzumschlag, Format 24,2 x 17,3 cm, € 39,80 / € 41,– (Ö) / 45,80 CHF

Wer wie der in Schmalkalden geborene Verleger und Kunstsammler Lothar Schirmer Ende April 2024 das fünfzigjährige Jubiläum des Schirmer / Mosel Verlags mit seinen zwischenzeitlich über 1500 Titeln (vergleiche dazu http://www.schirmer-mosel.com/deutsch/pdf/Bibliographie_2024.pdf) und Laudatoren wie dem Schriftsteller, Dichter, Verleger und Übersetzer Michael Krüger feiern konnte (vergleiche dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Krüger_(Schriftsteller) und http://www.schirmer-mosel.com/deutsch/pdf/Rede-Michael-Krueger.pdf), braucht sich an seinem am 1. Februar 2025 anstehenden 80. Geburtstag nicht um die gebührende öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Zu seiner Person und zu seinem Lebenswerk ist schon vieles, wenn auch nicht alles und von allen, gesagt worden. Gleichwohl könnte es für an zeitgenössischer Kunst und Kultur Interessierte von allergrößtem Nutzen sein, in seinen im Kontext seiner beiden Jubiläen unter dem Titel „Die Bienenkönigin nährt am Ende alle …“ erschienen Gesprächen mit der Essayistin und Kunstkritikerin Magdalena Kröner nachzuvollziehen, wie er sein Verlagskapital über den An- und Weiterverkauf von Kunstdrucken und Zeichnungen schaffen und seine grandiose Kunstsammlung mit und durch Publikationen auf- und ausbauen konnte.

Ihr Grundstock wurde schon 1965 gelegt, als der damals 20-Jährige zwischen dem schriftlichen und mündlichen Abitur nach Düsseldorf zu Josef Beuys fuhr, um mit ihm über die Geheimnisse seiner Zeichnungen und Skulpturen ins Gespräch zu kommen und erste Beuys-Zeichnungen zu erwerben. 1967 kam das Objekt „Bienenkönigin“ für 1500 Mark hinzu, bei dessen Anblick und Preis die Eltern genauso erschrocken waren wie er, als er es zum ersten Mal auf der documenta III in Kassel gesehen hatte (vergleiche dazu „Bienenkönigin I“ unter https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/bienenkoenigin-i-30036174). Um seine Eltern zu beruhigen, argumentierte Schirmer ökonomisch und sagte: „Regt euch nicht auf, die Bienenkönigin nährt am Ende alle“. Aus den ersten Begegnungen mit Beuys wurde eine langjährige Künstler-Sammler-Beziehung. Schirmer hat dann später unter anderem das Environment „vor dem Aufbruch aus Lager I“ von 1970/80 für 60 000 Mark (vergleiche dazu https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/vor-dem-aufbruch-aus-lager-i-30031786) und die mit Heftpflastern bearbeitete unbetitelte „Badewanne“ von 1960 von Beuys erworben. 

Danach ziehen in der Publikation mehr als ein halbes Jahrhundert Kunst- und Kulturgeschichte und Künstler, Filmer und Modemacher wie Cy Twombly (vergleiche dazu Arno Widmann, Die Kurzatmigkeit der Welt. Unter: https://www.perlentaucher.de/vom-nachttisch-geraeumt/die-kurzatmigkeit-der-welt-buchkritik-zu-cy-twombly-drawings-vol-8.html), Walter de Maria, Gerhard Richter (vergleiche dazu Gerhard Richter, Mao, 1970, unter https://www.sieshoeke.com/de/artworks/gerhard-richter-mao-1970), Frida Kahlo, Bernd und Hilla Becher, Martin Assig (vergleiche dazu Martin Assig, Magdalena Schwester, 2002 unter https://www.wa.de/kultur/martin-assig-stellt-museum-kueppersmuehle-in-duisburg-aus-weil-ich-mensch-bin-91915540.html), Thomas Demand, Martin Hohner, Yves Saint Laurent, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton, August Sander, Isabella Rossellini, Cindy Sherman, Wiebke Siem (vergleiche dazu Wiebke Siem, „Weibliche Skulptur“ unter https://kultur-online.net/inhalt/wiebke-siem-das-maximale-minimum), Hanna Schygulla, Cornelius Völker, Jeff Wall, Wim Wenders, Wols, Heinrich Zille und vielen anderen mehr am Leser vorüber und viele von ihnen haben ihre Leuchtspur im Verlagsprogramm von Schirmer / Mosel hinterlassen.  

Im vorletzten Kapitel der Gespräche wird Lothar Schirmer von Magdalena Körner gefragt, ob er mit seiner öffentlichen Wahrnehmung in München zufrieden sei. Er antwortet so: „Eigentlich ja. Gemessen am schöpferischen Potenzial, das die Stadt hat, was Dichtung, Musik und Verlagswesen angeht, kann ich mich eigentlich nicht beklagen. Und ich war natürlich bei meinem Versuch, die Lokalpresse zu betören, auch mit den schönsten Bildern bewaffnet, die die Zeitungen niemals hätten bezahlen können, wenn sie davon etwas außerhalb der Berichterstattung über mich hätten benutzen wollen. Das hat natürlich schon geholfen! (lacht) Sagen wir so: Ich habe eine ganze Menge Zeug nach München gebracht. Und in die Welt. Es hat ein bisschen gedauert, aber dann wurde das auch wahrgenommen. Unsere Bücher über Film etwa waren ja komplett »home-made«. Mir ist schon klar, dass das Buch mit dem Film als Gegenstand öffentlichen Interesses keinesfalls konkurrieren kann. Aber wir wollten es nicht unversucht lassen“ (Lothar Schirmer S. 341).

ham, 3. Januar 2025

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