Mai 24

La Zona

Von Helmut A. Müller | In Kunst, Rezensionen

Publikation in 2 Bänden (Katalog- und Index-Band)
zur gleichnamigen Ausstellung vom 28.04. – 03.06.2012 in der Neuen Gesellschaft für Bildende
Kunst Berlin mit Arbeiten unter anderem von Büro für Konstruktivismus, Michael Danner, Katja
Davar, Nina Fischer & Maroan el Sani und Florian Wüst und Texten zu Stichworten wie
Abkipptechnik, Ausnahmezustand, nuklearer Winter und Zone von Sandra Bartoli, Ulrike Feser,
Silvan Linden und Florian Wüst
Neue Gesellschaft für Bildende Kunst Berlin, 2012, ISBN 978-3-938515-48-8 (Index, Teilband 1 /
Katalog, Teilband 2 von 2), 128 und 64 S., zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Broschur,
Format 20,5 x 13,9 cm, € 19,–
‚La Zona‘ bezieht sich einmal auf Andrej Tarkowskijs Film der ‚Stalker‘, in dem die Figur des
‚Stalker‘ einen Schriftsteller und einen Wissenschaftler unerlaubt in einen militärisch streng
abgeriegelten Sperrbezirk, die „Zone“ führt. Das Ziel der Reise ist ein Zimmer inmitten der
„Zone“, das die innersten Wünsche des Menschen in Erfüllung bringen soll. Der sieben Jahre vor
Tschernobyl gedrehte Film lässt sich als Vorwegnahme dieses Ereignisses und seiner Folgen
verstehen. Der andere Bezug ist der Roman ‚Picknick am Wegesrand‘, in dem ein Vater seine
Tochter in einer Art Endzeitraum, in einer goldener Kugel sucht und sie dort auch als Mutant und
von ihren Eltern entfremdet findet. „An der Kugel angekommen, verlangt der verzweifelte Vater
aber nicht nach Heilung bzw. Menschwerdung der geliebten Tochter, sondern nach >>Glück für
alle<<… Ganz so, als ob die Hoffnung einer ermatteten Menschheit nicht mehr auf ihren Kindern,
sondern jenseits ihrer selbst, in der Transformation in eine bessere oder eine gar gänzlich
unmenschliche Art läge“ (Sandra Bartoli/Ulrike Feser/Silvan Linden/Florian Wüst). Die Goldene
Kugel und die Zone erscheinen als Projektionsflächen für die Krisen des Fortschrittdenkens, in
denen die Menschheit den Folgen ihrer selbst gemachten Erlösungsvorstellungen begegnet. Die
Arbeiten der Ausstellung thematisieren diese Krisen. So dokumentiert und befragt Ulrike Feser
Überreste versteinerten Lebens unter anderem aus dem Yosemite Nationalpark. Nina Fischers und
Maroan el Sanis Film ‚Geister, die die Augen zumachen‘ verarbeiten Gespräche aus
unterschiedlichen Regionen Japans nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. „Eine Aktivistin
berichtet: Da Fukushima 60 Kilometer vom Reaktorblock Daiichi entfernt liegt, wurde es nicht
evakuiert; die Entscheidung, die Stadt zu verlassen, etwa in Richtung Tokyo, liegt im Ermessen
eines jeden Einzelnen. Wir hören, dass die Alternative >>To stay or not to stay?<< zu
gegenseitigen Beobachtungen, Unterstellungen und Neid führt. In Bezug auf das möglicherweise
verseuchte Essen lautet die Frage: >>To eat or not to eat?<< Der Apfel der Erkenntnis, der
letztendlich zum Zerfall der paradiesischen Gemeinschaft führte, mag ein radioaktiver gewesen
sein“ (Armin Farzanefar).
(ham)

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