dtv Verlagsgesellschaft, München, 2023, ISBN: 978-3-423-28375-5, 192 Seiten, zahlreiche s/w-Abbildungen, Hardcover, Format 22 x 14,3 cm, € 22,00 (D) / € 22,70 (A)
Ob vier- oder fünfjährige Kinder beim Ratespiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ etwas mit dem Substantiv Kunst anfangen können, ist offen. Aber für Kinder ist die kurzweilige Publikation ›Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist Kunst‹ des 1988 in Hannover geborenen und heute in Frankfurt lebenden Kunsthistorikers, Stand-up-Comedians und Freestyle-Rappers Jakob Schwerdtfeger auch nicht geschrieben, sondern für „Kunstbanausen und Ausstellungsprofis“. Sogenannten Laien wird in zehn Kapiteln ein schnörkelloser, leicht verständlicher und nie langweiliger Kurztrip in die Welt der Kunst angeboten. Profis werden die meisten der von Schwerdtfeger aufgerufenen Werke kennen, nicht aber alle von ihm ausgegrabenen Details und Hintergründe.
So werden viele Besucher des MMK Frankfurt Peter Fischlis und David Weiss’ Rauminstallation ›Raum unter der Treppe‹ im Jahr 1993 für eine vor der Ausstellungseröffnung nicht aufgeräumte Ecke gehalten haben und nicht für eine 171-teilige, aus Polyurethan geschnitzte und bemalte Rauminstallation (vergleiche dazu https://collection.mmk.art/de/nc/werkdetailseite/?werk=1993%2F123). Und dass Banksys ›Mädchen mit Ballon‹ am 5. Oktober 2018 bei Sotheby’s nach dem Zuschlag bei 1,18 Millionen Euro zur Hälfte geschreddert (https://www.sueddeutsche.de/kultur/banksy-auktion-love-ballon-herz-maedchen-geschredderet-zerstoert-versteigert-1.5440575), danach in der Staatsgalerie Stuttgart wertsteigernd unter dem neuen Titel ›Die Liebe ist im Eimer‹ ausgestellt und von der Käuferin 2021 für 18,89 Millionen Euro, also für das Sechzehnfache des Kaufpreises weiterverkauft worden ist, dürfte inzwischen wieder in die Vergessenheit geraten sein. Schwerdtfeger kommentiert den Vorgang mit Andy Warhol: „›Gut im Geschäft zu sein ist das Faszinierendste an Kunst. Geld verdienen ist Kunst, arbeiten ist Kunst, und gute Geschäfte sind die größte Kunst.‹“.
In seinem Schlusskapitel fasst Schwerdtfeger seine Argumentation unter der Überschrift ›Zehn gute Gründe, ins Museum zu gehen‹ zusammen:
Der fünfte Grund: „Kunst ist wie Therapie“.
Der siebte Grund: „Museen sind Zeitmaschinen“.
Der neunte Grund: „Kunst ist cool“.
Der zehnte Grund: „Kunst verändert unser Leben.
Der Schauspieler Sylvester Stallone ist das perfekte Beispiel dafür, wie nachhaltig Kunst unser Leben verändern kann. Mit zwölf Jahren besuchte Stallone das Philadelphia Museum of Arts und sah dort ein Bild des flämischen Malers Peter Paul Rubens [vergleiche dazu Peter Paul Rubens, Der gefesselte Prometheus, ca. 1611– 1618: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Rubens_-_Prometheus_Bound.jpg]. Der junge Sylvester war dermaßen beeindruckt von dem muskulösen Körper, dass er beschloss, trainieren zu gehen, um genauso auszusehen. Es war die Initialzündung zum Bodybuilding, Stallones Markenzeichen. Also ohne Rubens kein Rocky und kein Rambo! Ich glaube, mehr Argumente braucht es nicht“ (Jakob Schwerdtfeger, S. 178).
Schwerdtfeger hat nach seinem Studium lange als Kunstvermittler am Städel Museum in Frankfurt gearbeitet und dort an einem später mit dem Grimme Online Award ausgezeichneten digitalen Vermittlungsangebot mitgewirkt. In der Videoreihe ›Kunstklick‹ spielt er den Showmaster, der einzelne Kunstwerke aus dem Kunstpalast Düsseldorf kinderleicht und fantasievoll beschreibt (vergleiche dazu https://www.museumsfernsehen.de/juste-de-juste-kunstklick-mit-jakob-aus-dem-kunstpalast-duesseldorf/); im Podcast ›Kunstsnack‹ erläutert er Fakts rund um Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe (vergleiche dazu https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/podcast/kunstsnack/). Die Kunstvideos des Kunstjunkies sind absolute Renner (vergleiche dazu https://jakob-schwerdtfeger.com).
ham, 15. September 2023