Mit Uli Hauser
Albrecht Knaus Verlag, München, 2018, ISBN 978-3-8135-0783-6, 189 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, Format 22 x 14 cm, € 20,00 (D) / € 20,60 (A), CHF 26,90
Der 1951 in Emleben, Thüringen geborene, 1977 promovierte und 1988 in Medizin habilitierte Neurobiologe Gerald Hüther interessiert sich seit seiner Begegnung mit einem Pflanzensammler in seiner Jugend für die Vielfalt alles Lebendigen. Er hat später Biologie und Medizin studiert, ist Hirnforscher geworden und heute davon überzeugt, dass das Lebendige nur erhalten werden kann, wenn wir begreifen, dass wir, wie Albert Schweitzer sagt, Leben inmitten von Leben sind, das leben will.
Die Hirnforschung hat nach Hüther herausgefunden, dass wir uns als Einzelne gar nicht entfalten können und dazu die Gemeinschaft der anderen brauchen. Dem Hirn ist es wichtig, dass im Körper und in der Gemeinschaft alles passt. Deshalb kommt es darauf an, dass wir auch unser Zusammenleben so organisieren, dass es fruchtbar und nachhaltig wird. Unserem Gehirn und seine Beziehungen zu den Nervenzellen ist so organisiert, dass es möglichst wenig Energie verbraucht. Es geht ihm gut, wenn alles stimmt, Fühlen, Denken und Handeln eine Einheit bilden und wir uns gut aufgehoben wissen, kurz, wenn Kohärenz herrscht. In Umbruchphasen wie der gegenwärtigen gehen bisherige Orientierungen und damit das Gefühl verloren, dass das Leben sinnvoll ist und man es erfolgreich bewältigen kann, auch wenn es immer wieder zu Problemen kommt. Orientierung reduziert Komplexität und hilft, den Energieverbrauch des Gehirns niedrig zu halten. Aber nicht jede Form der Reduktion von Komplexität hilft in der ausdifferenzierten und global gewordenen heutigen Gesellschaft weiter.
Hüther schlägt deshalb vor, auf Würde als neues ordnungsstiftendes Prinzip zurückzugreifen. Jeder müsste dann in sich selbst eine innere Ordnungsstruktur und ein inneres Wertemodell entwickeln und sich dabei seiner eigenen Würde bewusst werden. Der Prozess der Bewusstwerdung wäre der entscheidende Schritt in die Freiheit: Wir würden begreifen, dass jeder, der die Würde eines anderen verletzt, in Wirklichkeit seine eigene Würde untergräbt und jeder nur sich selbst seine Würde nehmen kann.
In seinem Schlusskapitel regt Hüther an, sich dafür zu entscheiden, anders als bisher zu leben. Man könne zwar sein bisher gelebtes Leben nicht ändern, aber künftig etwas bewusster und achtsamer gegenüber sich selbst und anderen umgehen. „Mehr im Einklang mit sich und der Natur, zuversichtlicher und auch wieder etwas neugieriger. Es ist den Versuch wert. Und es ist ganz einfach … Wer sich darauf einlässt, beginnt auch wieder, sich zu spüren. Und dann erwacht auch wieder die Freude an der Bewegung, am Singen, Tanzen und Musizieren oder zumindest am Wandern und Radfahren. Das geht alles. Damit können Sie noch heute beginnen. Und wenn Sie sich in dieser Weise auf den Weg machen, entwickelt sich … auch ein ganz anderes Lebensgefühl. Und damit verändert sich ihr Leben von ganz allein. Es wird spürbar freudvoller, liebevoller, auch würdevoller. Und wer anderen mit diesem Gefühl begegnet, wird auch erleben, wie ansteckend es ist. So verändert sich dann auch das Zusammenleben mit diesen anderen Personen. Es passt alles wieder besser, ist kohärenter geworden.
Und die dadurch eingesparte Energie wird sogar bis in den Körper hinein spürbar. Sie fühlen sich
energetisch aufgeladen, tatendurstig und lebenshungrig. So können Sie sich dann auch selbst lieben, als ein sich in seiner Würde bewusst gewordener Mensch“ (Gerald Hüther S. 181 f.)
ham, 14. Mai 2021