Kunstmuseum Ravensburg. Entstehung und Architektur
Hrsg. von Andreas Reisch und Hans-Jörg Reisch mit einem Gespräch zwischen Arno Lederer und Falk Jaeger
Ernst Wasmuth Verlag Tübingen. Berlin, 2013, ISBN 978-3-8030-0757-5, 120 S., zahlreiche Farbabbildungen, Leinen gebunden, Format 24,5 x 17 cm, € 28,–
Das Stuttgarter Architekturbüro Lederer+Ragnarsdóttir+Oei (LRO) ist unter anderem durch die Sanierung und den Umbau des Hessischen Staatstheaters Darmstadt, Ergänzungsbauten zum Kloster Hegne Marianum in Allensbach und den derzeitigen Neubau des Hospitalhofs Stuttgart bekannt geworden. Von entscheidender Bedeutung für die Projekte des Büros ist der Bezug zum jeweiligen Ort: „Erst kommt die Stadt, dann der Ort“. Deshalb erinnern die Stuttgarter Architekten in ihrem Neubau des Stuttgarter Hospitalhofs an die stadträumliche Lage des ehemaligen Dominikanerklosters im Zentrum des Planquadrats der Renaissance-Erweiterung der Stadt. In Ravensburg beziehen sie das neue Kunstmuseum auf das historische Stadtensemble. Für dessen Fassade verwenden sie gebrauchte Ziegel. Für das Büro LRO ist Ziegelmauerwerk in punkto Nachhaltigkeit unschlagbar. „Wir müssen beim Bauen von einer Produktionsgesellschaft zu einer Verwertungsgesellschaft kommen“, sagt Professor Arno Lederer. „Für uns steht der Altziegel aus Abbruchmaterial nicht nur für das Umdenken zu einem Wiederverwerten von Materialien, er besitzt auch seinen ästhetischen Reiz: Der Altziegel hat so etwas >>Murales<<, etwas Vertrautes, das bewusst mit dem Vorhandenen spielt. Seine beige Farbe kommt auch bei den Sockeln und Türmen der Stadt vor.“ (Arno Lederer). In der Altstadt von Ravensburg hat das Büro auf dem relativ kleinen Grundstück versucht, ein größstmögliches Rechteck zu bauen, „weil ein rechteckiger Raum für ein kleines Museum die ökonomischste Form ist. Zeichnet man jedoch ein größtmögliches Rechteck, stellt man fest, dass dieses in die Straße hineinragt. Da das Gelände stark abfällt, konnten wir das erste Geschoss einfach auskragen lassen. Dadurch erhält man zwei gut nutzbare Galeriegeschosse. Die Erschließung und die Nebenräume … legten wir an die beiden Längsseiten“ (Arno Lederer). Der Eingang ist deshalb oben an der hinteren Ecke zu finden. Diese Lösung hat es ermöglicht, trotz der sehr engen Situation vor dem Eingang einen kleinen Hof zu schaffen, „der wie ein Filter zum Stadtraum wirkt“ (Arno Lederer). Entstanden ist ein in sich schlüssiges funktionales Museum mit schlichten weißen und grauen Räumen, die sich ganz und gar der Kunst unterordnen. Allein die Nebenräume trumpfen mit starken orangegelben und roten Farben auf. Der von der mittelständischen Firma Georg Reisch GmbH & Co. KG realisierte Bau ist das erste zertifizierte Museumsgebäude mit Passivhaus-Standard weltweit. Es beherbergt zunächst einmal für die nächsten 30 Jahre die Sammlung Peter und Gudrun Selinka und damit Werke vor allem aus dem Expressionismus und von Künstlern der Gruppen Cobra und Spur. In der Eröffnungsausstellung „Appassionata“ werden aber auch neuere Arbeiten gezeigt, so unter anderem Jonathan Meeses
Holzschnitt ‚Mr. Dr. Glibberbaby ferkelinchena‘ von 2008. Der Ausstellungstitel verdankt sich Asger Jorns Ölmalerei „Appassionata“ von 1962.
(ham), 20.04.2013

Download; Falk Jaeger – Unter schwingenden Gewölben

 

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