Mrz 30

Das Buch Hiob

Von Helmut A. Müller | In Sachbuch Theologie

Nach der Übertragung von Martin Luther mit Marginalien von ihm selbst und vergleichenden Anmerkungen aus dem revidierten Text von 1964. Herausgegeben, gestaltet und mit 68 Schabblättern versehen von Axel Bertram

Verlag Faber & Vater, Leipzig 2023, ISBN 978-3-86730-250-0, Neuausgabe der Edition vom 1. Juli 2003, 144 Seiten, Hardcover mit Lesebändchen, Format 22,6 x 13,5 cm, € 24,00 (D) / € 24,70 (A)

Das wohl im fünften oder vierten vorchristlichen Jahrhundert entstandene Buch Hiob zeugt von der Krise der weisheitlichen Vorstellung, dass Gott die Welt als gute und gerechte Ordnung gestaltet und dass sich aus der Erkenntnis der Welt die Erkenntnis Gottes ableiten lässt. Nach der in Prosa verfassten Rahmenhandlung verliert Hiob, ein jahwefürchtiger Weiser aus dem Land Uz alles, was er hat, weil sich Jahwe auf eine doppelte Wette mit einem Mitglied seines himmlischen Hofstaats einlässt: Satan ist sich sicher, dass sich der Fromme von Gott abwendet, wenn er ihm nur übel genug mitspielen kann. Jahwe nimmt die Wette an und setzt auf Hiob. Zuerst nimmt Satan Hiob seinen ganzen Besitz und seine zehn Kinder, dann schlägt er ihn mit  einem bösartigen Geschwür von der Fußsohle bis zum Scheitel. In poetisch formulierten Dialogen mit seinen Freunden versuchen diese, die weisheitliche Gottesvorstellung zu retten und Hiob nachzuweisen, dass er Schuld auf sich geladen und sich gegen Gott verfehlt hat. Aber Hiob hält an Gott fest und beginnt eine Art Rechtsstreit mit Gott. Schließlich antwortet ihm Gott und verweist dabei auf sein souveränes Walten als Schöpfer und Erhalter des Kosmos. Auf Hiobs eigentliche Anklage geht er aber nicht ein. Hiob lässt sich zwar sagen, dass Gottes Walten in der Schöpfung wunderbarer ist, als er es sich bisher gesehen hat. Aber seine Anklage nimmt er nicht zurück. Am Ende erhält Hiob seine Gesundheit, seinen Wohlstand doppelt und seine Kinder zurück.

Die von dem Schriftgestalter, Illustrator, Medailleur und Autor Axel Bertram gestaltete und kommentierte Ausgabe des Buches Hiob gehört zu den schönsten Büchern, die in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind. Bertram (1936 – 2019) gilt als einer der einflussreichsten Gestaltern der Nachkriegszeit; sein Buch „Das wohltemperierte Alphabet. Eine Kulturgeschichte der Schrift“, Leipzig 2004, wurde zum Standardwerk. In seinen an den Luthertext angehängten „Notizen des Zeichners zum Text“ hat sich Bertram erstaunlich kenntnisreich in die immer noch nicht abgeschlossene Debatte um die Bedeutung des Buches Hiob eingemischt (vergleiche dazu etwa Gerd Brandel, Die Frage nach Hiobs Botschaft. In: https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-frage-nach-hiobs-botschaft-100.html). Ob sein Vorschlag, die Rahmenhandlung des Textes als eine Art Bühnenspiel zu verstehen, der Tiefe der Krise der weisheitlichen Gottesvorstellung ganz gerecht wird, darf aber bezweifelt werden:

„Vielleicht ein Bühnenspiel. Das Volksbuch vom Hiob, das dem Dichter vorlag, galt als überliefertes Legendengut. Die fürstliche Hofhaltung Jahves mit Thron und Gefolge wirkt tatsächlich volkstümlich naiv, die Art, wie die Söhne der Elohim, unter ihnen Satan, vertraulich mit Jahve plaudern, erinnert an ein standardisiertes Rollenspiel nach Art der mittelalterlichen Mysterienspiele. Leicht lässt sich eine auf dem Markt aufgeschlagene Bretterbühne vorstellen, in der Spieler mit Masken ein allbekanntes erbauliches Stück zum Besten geben, in dem sich Komik mit moralischem Ernst verbündet. Wenn sich in dieser Form Jahve von Satan zweimal reizen lässt, ›Hiob ohne Ursache zu verderben‹, so nähme das dem Vorgang einiges von dem Eindruck bestürzenden Leichtfertigkeit, die ein so schreckliches Licht auf die Folgen wirft“ (Axel Bertram S. 104 f.).

ham, 30. März 2023

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