Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 17.06. – 30.09.2012 im Museum Morsbroich,
Leverkusen
Hrsg. von Markus Heinzelmann und Stefanie Kreuzer mit Texten der Herausgeber und dem Insert
‚Plaisirs du Jardin – Robert Elfen, Michail Pirgelis, Stephanie Stein‘ (Text Stefanie Kreuzer)
Museum Morsbroich, Leverkusen / Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2012, ISBN 978-3-86984-
360-5, 120 S., zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 28,5 x
23,5 cm, € 28,–
Auf den ersten Blick scheinen die von Paloma Varga Weisz eigens für die Ausstellung im Maison der
Plaisance geschaffenen Arbeiten allgemein zugänglich zu sein. Die konzeptionellen Arbeiten von
Trockel wirken spröder. Weisz‘ Skulptur ‚Ohne Titel (Kleines Fass)‘ von 2012 mit den abgeformten
Kinderfüßen vor der Fasstüre erinnert mich an eine eigene Fassputzaktion im heimischen Keller: Im
Herbst mussten wir Kinder in die Fässer kriechen und sie von innen her ausbürsten und ausspülen.
Erst dann konnten sie mit neuem Most oder Wein befüllt werden. Ihre raumfüllende Installation
‚Mutter‘ von 2011 lässt an Sterbesituationen und ihre beiden Kopfstudien ‚Vater, jung‘ von 2012 und
‚Vater, alt‘ von 2011 an die Tradition des Porträts denken. Auf den zweiten Blick erschließt sich die
Zugänglichkeit der Arbeiten aber erst über den in ihrem Film ‚deux artists‘ von 1986 gegebenen
biografischen Bezug: „Die Referenz auf den Vater, … die Bezüge auf die gemeinsame
Ausbildungszeit, aber auch auf die Mutter … sind allgegenwärtig in den Arbeiten von Paloma Varga
Weisz. Sie erlangten jedoch jenseits einer privaten Mythologie keine Bedeutung, wenn der Künstlerin
nicht ein eigentümliches Paradox gelänge: Sie legt die Quellen ihrer Arbeit offen und intensiviert auf
diese Weise den bereits sehr stark an die Einfühlung appelierenden Charakter ihrer Werke. Mit dieser
Verschiebung hebt sie aber zugleich den privaten Charakter des Werks über die Schwelle zum
Allgemeinen. Die Werke verlieren ihren unklaren Status, der den Betrachter zu biografischen
Spekulationen einlädt, und gewinnen stattdessen etwas Archetypisches“ (Markus Heinzelmann). Mit
Rosemarie Trockel trifft sie sich einmal über den Ort der Ausstellung und dann über das Thema Spiel.
Beide Aspekte sind in Trockels für die Ausstellung geschaffenen mechanischen Singvogelkäfig ‚As
far as possible‘ von 2012 verbunden. „Der Schweizer Uhrmacher Pierre Jaquet-Droz gilt als Erfinder
der mechanischen Singvögel. Berühmter noch ist er aber für die drei Androiden geworden, die er mit
seinem Sohn … Anfang der 1770er Jahre, also genau zur Zeit der Erbauung von Schloss Morsbroich,
entwickelte“ (Markus Heinzelmann). Gerade weil die Inszenierung der Ausstellung herkömmliche
Ordnungsstrukturen außer Kraft setzt und dafür auf Kategorien wie >>aberwitzig<< und
>>verrücke<< setzt, „liegt in ihr die Idee des Spielerischen verborgen. Etwas wird wahrgenommen
und zugleich >>anders<< wahrgenommen, als es auch erscheinen könnte. In diesem >>Mehr<< an
Information, das die erste Interpretation aufspaltet und in einen schillernden Fächer möglicher und
zugleich nicht-hierarchischer Interpretationen verwandelt, entfaltet sich die Schönheit der Werke in
ihrer Vielbezüglichkeit und liegt die Verführung zum Spiel mit den Bedeutungen… So wird …
‚Maison de Plaisance‘ vielbezüglich schön und gefährlich hierarchielos“ (Stefane Kreuzer). Damit
hilft die Inszenierung, zwischen den Ausstellungen und ihren Werken hin und her zu schreiten und die
Spielräume auszuloten, die zwischen vertraut und spröde liegen, zwischen nah und fern.
(ham), 20.03.2013
Download Maison de Plaisance – Rosemarie Trockel Paloma Varga Weisz
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