Herausgegeben von Andreas Lipinski. Mit Beiträgen von Peter Bieri, Michael Schulte-Markwort. Hans-Peter Nolting, Tobias Esch, Peter Spork, Heinz Bude, Klaus Hurrlemann, Christoph Klotter, Barbara Bleisch, Susan Neumann, Manfred Spitzer, Hartmut Rosa, Wolf Singer, Harald Welzer und Franz Joseph Wetz
Verlag Herder, Freibug 2020, ISBN 978-3-451-06994-9, 192 Seiten, Klappenbroschur, Format 21,5 x 13,7 cm, 18,00 € (DE) / 25,90 SFr (CH) / 18,60 € (AT)
Beim Rückblick auf das vergangene und beim Ausblick auf das neue Jahr kommen die Fragen nach der eigenen Zukunft und der Zukunft der Menschheit stärker als sonst in den Blick. Zwar sieht keiner voraus, was das neue Jahr bringen und was auf uns zukommen wird. Und selbst Futurologen können nur erkennbare Trends fort- und weiterschreiben. Aber das hindert niemand daran, auszubuchstabieren, was die Gesellschafts-, Natur- und Geisteswissenschaften bisher herausgearbeitet haben und zu überlegen, was das für die Zukunft bedeuten könnte. Genau das hat der 1966 in Polen geborene studierte Germanist, Philosoph, Verwaltungsrechtler und Autor Andreas Lipinski getan. Er hat bedeutende Wissenschaftler wie den Hirnforscher Wolf Singer, den Makrosoziologen Heinz Bude, den Allgemeinmediziner und Neurowissenschaftler Tobias Esch, den Sozialwissenschaftler Klaus Hurrlemann und den Soziologen Hartmut Rosa in Interviews nach ihren zentralen Thesen befragt und sie auf diesem Weg einem größeren Publikum leicht verständlich zugänglich gemacht. Der vorliegende Band macht die zwischen 2013 und 2019 in der polnischen Monatszeitschrift „Charakter“, dem größten und ältesten Psychologiemagazin in Polen, veröffentlichten Interviews auf Deutsch zugänglich.
Im ersten Kapitel (›Wer sind wir? Unsere Welt heute‹) befragt Lipinski unter anderem Heinz Bude zu seiner ›Gesellschaft der Angst‹, Hartmut Rosa zu ›Beschleunigung und Entfremdung und Manfred Spitzer zur ›Digitalen Demenz‹. Im zweiten Kapitel (›Was kommt auf uns zu? Eine Welt im Umbruch‹) wird deutlich, was Peter Spork unter dem zweiten Code, unter Epigenetik und Tobias Esch unter der Neurobiologie des Glücks verstehen. Und im dritten Kapitel (›Wer werden wir sein? Blicke in die Zukunft‹) antwortet Wolf Singer auf die Frage nach dem ›neuen Bild des Menschen‹ nach den nächsten fünfzehn Jahren das Folgende: „Wir begreifen uns immer mehr als Teil des Lebendigen, sehen, dass wir uns von unseren nächsten Verwandten, den anderen Primaten, nicht grundsätzlich unterscheiden. Wir besitzen lediglich zusätzlich eine Reihe kognitiver Fähigkeiten, die für die Entwicklung der kulturellen Evolution zuständig waren. Wir sehen hier ein ganz neues Prinzip der Evolution – die kulturelle Entwicklung folgt anderen Gesetzen als die biologische. Das ist der momentane Status quo; wir wissen weder, warum es so gekommen ist, noch, wohin es sich entwickeln wird. Wir haben also jede Menge Platz für Metaphysik“ (Wolf Singer S. 168).
ham, 8. Januar 2022