Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 23. 3. bis 11.5.2014 im H2 – Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast der Kunstsammlungen und Museen Augsburg, herausgegeben von Thomas Elsen und Christoph Trepesch mit Beiträgen von Ira Plein, Andreas Tacke, Stefanie Müller und Jean-Claude Müller
Kunstsammlungen und Museen Augsburg/Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München, 2014, ISBN 978-3-422-07263-3,164 Seiten, zahlreiche ganzseitige schwarz-weiße Bildtafeln, Hardcover gebunden, Format 29,5 × 24,5 cm, € 24,90
Der zur ersten monographischen Ausstellung über die Künstlerportraits des Malers und Fotografen Edward Steichen in Deutschland vorgelegte Katalog arbeitet seinen Zugang zum Porträt auf dem Hintergrund seiner Biografie und Ausbildung wissenschaftlich auf und stellt dar, warum und wie er zwischen 1902 und den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der wichtigsten Befürworter und Förderer des Verständnisses von Fotografie als Kunst werden konnte. Der mutmaßlich nur noch in fotografischen Fachkreisen bekannte Steichen wurde 1879 in Bivingen im Großherzogtum Luxemburg als Eduard Jean Steichen geboren und wuchs ab 1881 in den USA auf. 1894 begann er eine nach vier Jahren abgeschlossene lithografische Lehre. Ab 1896 studierte er bei Robert Schade und Richard Lorenz Malerei, gründete mit einigen Freunden die Milwaukee Art Students League und eröffnete mit einem befreundeten Fotografen ein Portraitstudio,1900 eines in Paris. Hier entstanden seine ersten Künstlerportraits und 1901 konnte er unter anderem Auguste Rodin porträtieren. Ab 1902 arbeitete er mit Alfred Stieglitz an der von ihm herausgegebenen Zeitschrift >>Camera Work<< und gilt zu dieser Zeit bereits als anerkannter Kunstfotograf.
1911 entstehen erste und 1923 weitere Modefotografien für die Zeitschriften>>Vogue<< und>>Vanity Fair<<. Er bezeichnete die Präsentation seiner Arbeiten in den Zeitschriften als monatliche
„ > Ausstellungen<“ und fordert die Redakteurin Edna Woolman Chase auf, „die >>Vogue<< zu einem Louvre zu machen“. Beides zeigt „Steichens klar formuliertes Bestreben, seine kommerzielle Tätigkeit als Kunst zu etablieren“ und macht darüber hinaus „seinen gestalterischen Qualitätsanspruch an die fotografische Praxis unmissverständlich“ klar. „Belegt wird dieses künstlerische Selbstverständnis überdies durch die Tatsache, dass Steichen alle seine Werke - die Porträts wie auch die Modefotografien - für den Verlag ausschließlich unter seinem Namen, als Autorenfotografie, publizieren ließ. In seinem Wirkungsfeld hat Steichen mit seiner Arbeit für Condé Nast Publications über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren maßgeblich dazu beigetragen Status, Erscheinung und Wirken der Prominenten zu gestalten und zu formulieren. Seine Porträts haben das Bild der dargestellten Künstler in der Öffentlichkeit entscheidend geprägt“ (Stefanie Müller).
Seine ersten Porträtaufnahmen „nutzen Effekte wie Unschärfe, Weichzeichnung der Kontraste und die nachträgliche Bearbeitung des Negativ in Labor, um den oftmals allegorischen Bildern den Eindruck eines Gemäldes zu verleihen… Ab Mitte der 1920er- Jahre rückte er dezidiert von der piktoralistischen Bildtradition ab und setzte verstärkt auf klare und nüchterne Lösungen…, klarere Kompositionen… und… eine sachliche Geometrie. Seine Fotografien wurden direkter und schärfer… Eine wichtige Rolle… spielte der Einsatz künstlichen Lichtes, das er vermehrt als wesentliches Gestaltungsmittel einsetzte“ ( Stefanie Müller).
Von 1947-1962 leitete er die Abteilung für künstlerische Fotografie im Museum of Modern Art. In dieser Zeit entstand ab 1951 die weltbekannt gewordene Fotodokumentation >>The Family of Man<<, die in über 150 Museen weltweit gezeigt und von mehr als 9 Millionen Besuchern gesehen werden konnte. Steichen hatte 1966 seinem Heimatland eine Version von >>The Familily of Man<< versprochen. 1985 wurde die Schenkung an das Luxemburger Museum übergeben. 1994 konnte die Ausstellung dem Publikum in den Mauern des mittelalterlichen Schlosses von Clervaux dauerhaft zugänglich gemacht werden. Damit hat sich ein auf 1966 zurückgehender Wunsch Steichens schließlich und endlich doch noch erfüllt: Er hatte 1966 unter anderem sein Geburtshaus in Bivingen und dann auch das hoch in den Luxemburger Ardennen gelegene Burgstädtchen Clervaux besucht. „Dort war das gegen Ende der Ardennenoffensive in Brand geratene Schloss zwar erst wieder im Aufbau begriffen, dennoch muss es Steichen so inspiriert haben, dass er, laut einer Aussage von Gérard Thill geraunt haben soll: >>Hier hätten meine Bilder doch ein gutes
Zuhause…<<“ (Jean-Claude Müller).
ham, 19.8. 2014
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