Literarische Bilder
Ausgewählter und einem Vorwort versehen von Eva-Maria Alves. Mit Bildern von Jonathan Meere
Insel-Bücherei Nummer 1392
Insel Verlag Berlin 2014, ISBN 978-3-458-19392-0, 128 Seiten, 14 farbige Abbildungen, hardcover gebunden, Format 18,5 × 12,1 cm, € 14,95 (D) /.€ 15,40(A) / sFr 21,90
Nach dem Buch der Weisheit 2,24 kommt der Tod durch den Neid des Teufels in die Welt und ihn erfahren alle, die ihm angehören. Die Seelen der Gerechten aber sind in Gottes Hand. Keine Qual kann sie berühren (Weisheit 3,1). Nach Matthäus 4,1 ff. wird Jesus durch den Geist in die Wüste entführt und dort vom Teufel auf die Probe gestellt. Er soll aus Steinen Brot machen, von den Zinnen des Tempels springen und ihn anbeten. Aber Jesus widersteht diesen Versuchungen, weist den Teufel in seine Schranken und gibt Gott die Ehre. „Da verließ ihn der Teufel. Und… die Engel Gottes traten zu ihm und dienten ihm“ (Matthäus 4,11 ). Wenn man Lukas 10,18 folgt, sah Jesus den Teufel wie einen Blitz vom Himmel fallen. Seither soll er sein Unwesen auf Erden treiben. Aber nach biblischem Verständnis er hat keine letzteMacht mehr über sie.
In Albrecht Dürers Kupferstich ‚Ritter, Tod und Teufel‘ tritt er dann auch hinter den Ritter, sein Schlachtross und den Tod zurück und zeigt sich als fantastisches Mischwesen mit Rüssel, Horn und Pferdefuß. Bei Heinrich Heine verwandelt er sich in einen lieben, charmanten Mann, einen Mann in den besten Jahren, verbindlich und höflich und welterfahren, einen Mann, den man schon einmal gesehen haben kann beim spanischen Gesandten, „einen alten Bekannten“ (Heinrich Heine, Ich rief den Teufel und er kam). Bei Alfred Döblin holt er den Medizinalpraktikanten Hubert Feuchtedengel und seinen Anleiter Assistenzarzt Werner Strick und lässt sie, als sie als Tote keine Ruhe geben, zwischen seiner Weste und seinem zu einem Globus aufgeblasenen Bauch zu Asche verglühen. „ Und nun haben Sie beide nichts.Nun sind sie nicht im Himmel und nicht in der Hölle. Nun sind sie einfach tot “(Alfred Döblin, Das verwerfliche Schwein).
Eva-Maria Alves, die Heinrich Heines Gedicht ,Alfred Döblins Erzählung und 17 weitere literarische Bilder unter anderem von Michail Bulgakow, Joseph Roth, Franz Werfel und E. M. Cioran für die Anthologie ausgewählt hat, geht davon aus, dass der Teufel wie selbstverständlich zur Vorstellungswelt des Menschen gehört. Sie erinnert unter anderem daran, dass schon kleine Kinder im Kasperle-Theater und in Märchen mit dem Teufel bekannt werden. Auf seinem Weg in die Gegenwart nimmt er unter anderem die Gestalt der Schlange, das Bocks, des Schweins und des Mannes mit Fledermausohren an. Nach Alves kann der Begriff des Teufels zur perfekten Projektionsfläche für alles prägnant Üble, Böse, Verwirrende und Verführende werden. Deshalb „brauchen wir den Teufel“ (Eva-Maria Alves).
Ob auch Jonathan Meese den Teufel braucht, ist offen. Er steuert zwar für den Band 14 feine Miniaturen mit Bildern vom Teufel bei und markiert seine Fratzen mit Fledermausohren und Schwänzen. Den Pferdefuß lässt er weg. Aber erscheint eher mit dem Teufel spielen und ihn mit Beelzebub austreiben zu wollen als dass er ihn ernst nimmt. Seine letzte, aus einem übermalen Selbstportrait entstandene schwarz-roteTeufelsfigur scheint zu stützen. Die rechte Hand ist gefesselt. Der Dolch, den er eigentlich gegen andere führen wollte, ist ihm aus der Hand gefallen und richtet sich gegen ihn selbst. Man könnte fast Mitleid mit ihm bekommen,wenn man ihn den Ernst nehmen würde.
ham,10.7.2014