Christian Brandstätter Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3-85033-708-3, 224 S., zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover, Format 24,5 x 19,5 cm, € 29,90 / SFR 4,90
Wer über die besten Weingüter auch nur eines Rotweinanbaugebiets wie zum Beispiel Baden oder Württemberg kompetent Auskunft geben und die Vorzüge und Schwächen einzelner Jahrgänge im Kopf haben will, muss früh aufstehen und kommt um regelmäßige Proben der jeweils neuen Jahrgänge nicht herum. Das kann schon zeitlich nicht jeder leisten. Unter anderem deshalb werden Weinkolumnen wie die in der Stuttgarter Zeitung gerne gelesen. Weinführer zu regionalen Anbietern finden ihr Publikum. Und Prüfsiegel und Medaillen von nationalen und internationalen Wettbewerben machen auf den Flaschen in den Weinregalen zumindest darauf aufmerksam, dass diese geprüften und ausgezeichneten Weine eine gute Qualität haben.
Wenn aber Paula Bosch und Markus Metka im Vorwort zu ihrer Publikation ‚Rotwein‘ mit englischem Understatement schreiben, dass sie nur das erzählen wollen, was sie rund um ihre „30 Rotweintipps aus Europa nicht für nebensächlich halten“ horcht man auf und ahnt, dass in der Publikation in einer eigenen Liga aufgeschlagen wird. Im Mittelpunkt ihrer ‚Genussreise durch Europa‘ stehen 30 erstklassige europäische Weingüter und ihre Weinphilosophie. Einer ihrer Spitzenweine aus den letzten Jahren wird detailliert vorgestellt. Er soll nach Bosch und Metka „nicht nur gut schmecken, sondern das Gemüt beflügeln, das Herz bewegen und das Blut in unseren Adern besser fließen lassen“ (Paula Bosch, Markus Metka).
Dazu kommen Hinweise auf weitere Spitzenproduzenten aus der Region, auf die die Weingüter umgebende Landschaft, auf empfehlenswerte Hotels und Restaurants und auf die kulinarischen Spezialitäten. Markus Metka steuert eine Abhandlung zur viel und kontrovers diskutierten Frage bei, ob und wenn ja wie und warum Weine zur Medizin werden können. Wer die Publikation dann aufschlägt und im Kapitel Deutschland jeweils nur ein Weingut mit einem Wein aus Württemberg, Baden und der Pfalz vorgestellt bekommt, beginnt zu begreifen, dass es sich bei Paula Bosch um eine absolute Kennerin der Materie handeln muss. Die Recherche ergibt, dass die vielfach ausgezeichnete Bosch zu den besten Sommeliers der Welt gehört. Sie war von 1991 bis 2011 im Feinschmeckerlokal Tantris in München als Sommelière für den 35.000 Flaschen umfassenden Weinkeller verantwortlich und hat sich danach selbständig gemacht.. In Württemberg hat sie sich für den Neckarsulmer Scheuerberg Steinkreuz 2010 Lemberger Großes Gewächs vom neuerdings von Markus Drautz und seiner Mutter geführten Weingut Drautz-Able aus Heilbronn entschieden. In Baden gab sie dem Schlatter Spätburgunder „SW“ 2009 von Martin Waßmer aus Bad Krotzingen-Schlatt den Vorzug und in der Pfalz dem Cabernet Franc Barrique 2011 von der F. Völcker’schen Gutsverwaltung in Mußbach. Nach ihrer Auffassung kann das im extrem milden Mußbach gelegene Weingut Wilfried Völcker immer noch als Geheimtipp bezeichnet werden. Aus den zahlreichen weit über Württemberg hinaus bekannten Rotweinproduzenten wählte sie Aldinger, Fellbach, Robert Bauer, Flein, Ellwanger, Weinstadt-Großheppach, Ernst Dautel, Bönnigheim, Fürst Hohenlohe Oehringen, Öhringen-Verrenberg, Rainer Schnaitmann, Fellbach, Sonnenhof, Vaihingen-Gündelbach, Staatsweingut Weinsberg, Weinsberg und Wöhrwag, Stuttgart-Untertürkheim aus. Es wäre ein leichtes gewesen, zehn weitere durchgesetzte und zehn nachwachsende Produzenten von Spitzenrotweinen aus Württemberg zu nennen. Aber sich auf nur einen Produzenten und einen Wein in einer Region und auf nur 30 Produzenten und Weine in ganz Europa festzulegen schafft nur Paula Bosch.
ham, 08.01.2014