Sein und Schein in Buchgestalt
von der zeichnerischen und methodischen Deklinierung der Bücher
Bücher & Hefte zu den Ausstellungen in der Herzog August-Bibliothek Wolfenbüttel 2012, in
der Bibliothek der Staatlichen Museen Berlin 2013 und im Auktionshaus Hauff & Auvermann
Berlin 2013, ohne Seitenangaben, handgebunden in kartoniertem Einband mit Prägedruck
Emil Siemeister
aus öffentlichen und privaten Sammlungen
Bücher & Hefte zu der Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck 2007
Die in aller Regel handgebundenen und mit eigenen, meist handgeschriebenen Typoskripten
ausgestatteten Bücher und Hefte des in Königsdorf in der Nähe von Graz lebenden
österreichischen Malers, Zeichners und Grenzgängers zwischen allen Methoden und Medien
Emil Siemeister sind ebenso ein Ereignis wie seine Zeichnungen. Sein zu seinen
Ausstellungen in Wolfenbüttel und Berlin in einer Auflage von 300 Exemplaren erschienenes
Künstlerbuch ist in der hier vorliegenden Publikation mit seinem Künstlerbuch zu seiner
Ausstellung im Tiroler Landesmuseum im Jahr 2007 zusammengebunden. Der
Doppelpublikation liegen die handschriftlich bezeichneten hochwertigen Fotografien „Soll –
Haben“, „Geschlossene Bücher – offene Originale, Hauff & Auvermann“, die Eröffnungsrede
von Wulf D.v. Lucius vom 5. Oktober 2012 in Wolfenbüttel und ein handschriftlicher Brief
von Siemeister vom 25.10.2013 bei. Wulf D.v. Lucius erinnert in seiner Eröffnungsrede an
Siemeisters 2002 in der Hospitalkirche Stuttgart installierten Relikte aus seiner
Klangperformance „Mantische Übungen“ und an seine in der Hospitalkirche und im
Hospitalhof Stuttgart gezeigten „sensiblen Zeichnungen“, die einen wesentlichen Teil seines
Gesamtwerks darstellen. „Neben den 40 Künstlerbüchern von Emil Siemeister sind noch zu
nennen an die 20 Filme, dazu 55 Videobänder/DVDs und eben Zeichnungen, Zeichnungen,
Zeichnungen – aus ihnen entsteht alles“ (Wulf D.v. Lucius). Dazu hat Siemeister vor 12
Jahren folgendes formuliert: „Von dieser Prädisposition ausgehend, ist die Zeichnung in
Heften und Büchern, mit eindeutigem Nachweis von linker und rechter Hälfte, linker und
rechter Hand, linkes und rechtes Denken im Verhältnis zum Magnetismus, der Spiegel – die
Vexierebene. Der Strich, die grafische Spur, ist gesegnet mit List und bringt das
symmetrische Verhältnis in ungleiche Gewichte – liegt in seiner möglichen Natur. Das
seiende Vergnügen des Strichs setzt die Grundmäßigkeiten aufs Spiel und lässt unbedacht die
Dynamik in sich bestehen, wie ein Kinderspiel, abgetrennt vom übrigen Geschehen. Gelenkt
oder ungelenkt, er ist in jedem Fall autonom seismografisch!<< Dieses einem Oxymoron
gleichende Wortpaar autonom/seismografisch akzentuiert … das … Gesagte: Der Künstler
handelt autonom und er ist zugleich der Seismograf für psychisches oder physisches
Geschehen. Welcher Mittel sich Siemeister dabei bedient, will ich … anhand einiger
Stichworte ansprechen… Das sind zunächst die Schriften und Zeichen, seit eh und je
konstitutiver Bestandteil von Büchern… Nie verwendet … Siemeister Drucktypen, sondern
stets Geschriebenes: Vom Umschlag, der meist auch die Rolle des Titelblatts hat … über
Wörter auf den Blättern … bis hin zum Impressum: Alles ist unmittelbare antographe,
persönliche Mitteilung und Werkbestandteil. Siemeister geht in einigen Werken noch einige
Schritte weiter, indem seine Schriftzeichen aus keiner lesbaren Schrift bestehen, sondern wie
geheime Codes als grafische Strukturen die Seiten füllen… Solche Kryptografien sind ein
Hinweis, dass es um die Vermittlung des Gefühls von Geheimnis, Nicht in Worten
vermittelbaren und Fremden geht als einem notwendigen Bestandteil aller Kunst“ (Wulf
D.v.Lucius). Wer die Chance hat, Künstlerbücher und Zeichnungen von Siemeister zu
erwerben, gehört für Siemeister zu dem „Zug der Wenigen“, den der Künstler in seinem Brief
vom 25.10.2013 beschwört. „Zug der Wenigen“ war der Titel einer öffentlichen Aktion, die
der mit Siemeister befreundete Wiener Schriftsteller C.I. Hinze einmal gemacht hat und an
der er selber und Peter Weibel beteiligt war.
ham, 20.11.2013
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