Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 19. Oktober 2023 bis 7. April 2024, im Museum Brandhorst, München, herausgegeben von Monika Bayer-Wermuth. Mit Beiträgen von Monika Bayer-Wermuth, Carmen Dobre-Hametner, Lara Prasch, Carla Roesch, Lena Tilk

Museum Brandhorst / Deutscher Kunstverlag, 2023, ISBN Nr. 978-3-422-80116-5, 304 Seiten, 220 farbige Abbildungen, Hardcover, gebunden, mit Lesezeichen, Format 32,5 x 23,5 cm, Subskriptions- und Museumspreis € 45,00

Nach Achim Hochdörfer, dem Direktor des Museums Brandhorst und Bernhard Maaz, dem Generaldirektor der Bayrischen Staatsgemäldesammlung markiert die Schenkung der Eva Felten Fotosammlung an das Museum Brandhorst einen historischen Moment in der Geschichte des Museums. „Mit einem Umfang von 429 Werken von 140 Künstler:innen – aufgrund zahlreicher Serien sind es insgesamt 1095 Aufnahmen – handelt es sich nicht nur quantitativ um einen substantiellen Zuwachs. Die durchweg herausragende Qualität der Werke bedeutet auch eine Bereicherung in einem Medium, das für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung ist“ (Achim Hochdörfer, Bernhard Maaz S. 7). Ein besonderer Schwerpunkt der Sammlung liegt bei der Darstellung von Menschen.

Im Katalog zur Ausstellung ist der Aussage von Zoe Leonard „Where you look from is always the half of the picture“ ein eigenes Kapitel gewidmet; es beinhaltet unter anderem auch ihre Arbeit ›Crossing the Equator‹ (vergleiche dazu https://www.artsy.net/artwork/zoe-leonard-crossing-the-equator). Im Kapitel „Menschen des 20. Jahrhunderts“ widmet sich Rineke Dijkstra insbesondere der Lebensphase zwischen der Jugend und dem Erwachsenwerden (vergleiche dazu https://www.deutscheboersephotographyfoundation.org/de/sammeln/kuenstler/rineke-dijkstra.php). Spontane Aufnahmen der Street Photography sind im Kapitel „To Take a Picture“ unter anderem durch Robert Frank (vergleiche dazu https://www.dw.com/de/er-ersetzte-traum-durch-realität-der-fotograf-robert-frank-ist-gestorben/a-50370731), Helen Levitt (vergleiche dazu https://galeriehoffman.com/photographer/levitt-helen/) und Saul Leitner repräsentiert (vergleiche dazu https://artblart.files.wordpress.com/2012/04/leiter_redumbrella_1958.jpg) und (https://jamesmaherphotography.com/street_photography/saul-leiter/). 

Als direkte Antwort auf „To Tage a Picture“ folgt das Kapitel „To Make a Picture“, das das Inszenieren und Erzählen als Mittel der Fotografie in den Fokus rückt. Suzy Lake ist mit ihrer großen Serie ›On Stage‹ (vergleiche dazu https://www.aci-iac.ca/art-books/suzy-lake/key-works/on-stage/) zur Vorläuferin der Selbstinszenierungen von Cindy Sherman geworden (vergleiche dazu https://www.artic.edu/artworks/229391/untitled-96). Deana Lawson arbeitet an der Schnittstelle von Dokumentieren und Inszenieren, wenn sie Menschen in ihrer eigenen Umgebung ablichtet (vergleiche dazu https://www.moma.org/artists/38858 und https://gagosian.com/news/2022/05/12/deana-lawson-deutsche-borse-photography-foundation-prize-2022-award/). „Anders als bei den Fotograf:innen, die in der Tradition Sanders stehen, geht es bei Lawson […] um eine ganz bewusst gewählte – oftmals künstlerische – Pose, aber auch um die Wahl von Kleidung und Accessoires. Lawson agiert hierbei als Regisseurin, die kein Detail dem Zufall überlässt und mittels der Fotografien viele individuelle Geschichten erzählt, die aus einem Dialog zwischen Fotografin und porträtierter Person entstehen. Lawson bezieht sich dabei auf die zentrale Bedeutung der Amateur-Fotografie für die afroamerikanische Kultur. Indem sie die Selbstinszenierung aus dem Konzept des Familienalbums enthebt und in ein monumentales Format übersetzt, schafft sie Sichtbarkeit und Präsenz für Realitäten Schwarzer Identität“ (Monika Bayer-Wermuth S. 23). Tracey Moffatt lässt in ihrer Serie ›Scarred für Life I‹ das Inszenierte wie eine Dokumentation erscheinen (vergleiche dazu https://www.roslynoxley9.com.au/exhibition/scarred-for-life/pjihb). 

Sherrie Levine eignet sich in ihrer Arbeit ›After August‹ eine Auswahl von 18 Bildern aus August Sanders ikonischer Serie ›Menschen des 20. Jahrhunderts‹ an (vergleiche dazu https://lesoeuvres.pinaultcollection.com/en/artwork/after-august-sander-1-18 und https://de.wikipedia.org/wiki/Menschen_des_20._Jahrhunderts) und steht wie Richard Prince für die Verwendung bereits vorhandener Bilder in der Appororation Art (vergleiche dazu https://gagosian.com/quarterly/2020/09/16/essay-richard-prince-cowboy/). Für die Überwindung der durch das Fotografieren entstehenden Distanz und Intimität stehen Arbeiten wie die von Nan Goldin (vergleiche dazu https://www.artnet.de/künstler/nan-goldin/), A.L. Steiner (vergleiche dazu https://hammer.ucla.edu/made-in-la-2014/al-steiner) und Roni Horn, deren Arbeit ›This is Me, This s You‹, 1997 – 2000, 96 chromogene Farbabzüge, je 31,8 x 26 cm der Ausstellung und der Publikation den Titel gab (vergleiche dazu https://www.behindtheblinds.be/crush/this-is-me-this-is-you). Anthony Hernandez (vergleiche dazu etwa https://www.sfmoma.org/exhibition/anthony-hernandez/ und https://www.yanceyrichardson.com/artists/anthony-hernandez/featured-workds?view=thumbnails), Isaac Julien (vergleiche dazu etwa https://thedorf.de/kultur/kunst/isaac-julien-what-freedom-is-to-me-im-k21/). Victor Burgin (vergleiche dazu https://www.maxhetzler.com/exhibitions/victor-burgin-zoo-78-1980 und https://jeudepaume.org/en/evenement/victor-burgin-exhibition/) stehen für Arbeiten im sozialen und politischen Raum.

Die bestens ausgestattete Publikation ist für Liebhaber der Fotokunst ein Muss.

ham, 5. Januar 2023

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