Nach dem Abitur im Jahr 1967 studierte Helmut A. Müller von 1968 bis 1973 Evangelische Theologie in Tübingen und Mainz und daneben Philosophie, Psychologie und Soziologie. Schon als junger Pfarrer mit gerade mal 29 Jahren Lebenserfahrung begann sein Engagement für die Kunst in der Kirche.
Seine Leidenschaft für die Gegenwartskunst rührt nicht zuletzt von der Bilderarmut des Protestantismus her, obwohl auch schon Luther gewusst hat, dass „Bilder Nahrung der Seele“ sind.
„Gegenwartskunst im Kontext eines Evangelischen Bildungshauses auszustellen und sich in einen ernsthaften Dialog mit ihr zu begeben, das war nicht immer selbstverständlich, und heute sind wir dankbar dafür.“, meinte einmal der Landesbischof Frank Otfried July.
Pfarrer i. R. Helmut A. Müller ist am Freitag, 29. März mit der Brenzmedaille in Silber für seinen Verdienst im Dialog zwischen Kirche und Kunst ausgezeichnet worden. Prälatin Gabriele Arnold, Vorsitzende der landeskirchlichen Stiftung Kirche und Kunst, übergab sie Müller (70) im Auftrag des Landesbischofs.
Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July würdigte Müller als eine Persönlichkeit, die „schon früh die Türen unserer Landeskirche für Kunstschaffende und neue Formen der Kunst geöffnet hat. Er hat als einer der Pioniere maßgeblich dazu beigetragen, dass sich heute das Gespräch zwischen Kunst und Kirche gelingend ereignen kann.“ (link)
Als junger Pfarrer an der Stiftskirche in Backnang kuratierte er ab 1978 erste Ausstellungen und baute im Rems-Murr-Kreis einen Gesprächskreis für die Begegnung von Kunst und Kirche auf.
1987 wechselte er an die Hospitalkirche Stuttgart und übernahm dort parallel dazu die Leitung des Evangelischen Bildungszentrums Hospitalhof Stuttgart.
Von 1987 bis 2012 veranstaltet Helmut A. Müller über 200 Ausstellungen im Hospitalhof und in der Hospitalkirche Stuttgart, wo er vor allem jungen Künstlern eine Plattform bot, aber auch internationale Künstler nach Stuttgart holte, wie zum Bespiel Jonathan Meese, Tobias Rehberger und Christian Jankowski. Die von ihm ins Leben gerufene bundesweite Initiative Kunst und Kirche mündete 1992 in die Gründung der Internationalen Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche Artheon ein, deren Gründungspräsident und Präsident er bis zum Jahr 2012 war. In dieser Zeit entwickelte sich auch seine bemerkenswerte Kunstsammlung.
Seither lebt er in Nordheim bei Heilbronn und zeigt in der „Nordheimer Scheune“ in jährlich drei Ausstellungen insbesondere avancierte junge Kunst. Daneben veröffentlicht er auf der Rezensionen-Seite seiner Homepage Rezensionen; regelmäßige Buchbesprechungen von Neuerscheinungen unter anderem aus den Bereichen Kunst, Kultur, Religion, Psychologie und Gesundheit.
Neben der Kunst, wo Helmut A. Müller für mehr als 100 Kataloge verantwortlich war und darüber hinaus die Edition Hospitalhof begründete, angagiert er sich seit über 40 Jahren unermüdlich für die Bildung. Mehr als 1000 Rezensionen wurden von ihm verfasst und veröffentlicht. Sein Repertoire reicht dabei von Rezensionen zu aktuellen Publikationen aus den Bereichen der Philosophie, der Soziologie, der Politik und der Religion bis hin zum Liebhaberthema Wein. Sein eindeutiger Schwerpunkt ist aber auch hier die Kunst. Nicht selten wurden seine Rezensionen mehrfach wieder abgedruckt.
Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. in den Bereichen „Kunst und Kirche“ und „Glaube und Naturwissenschaft“ zeichnen Helmut A. Müller als Autor und Herausgeber aus.
Zu nennen sind hier Werke wie:
„Naturwissenschaft und Glaube. Namhafte Natur- und Geisteswissenschaftler auf der Suche nach einem neuen Verständnis von Mensch und Technik, Gott und Welt. Bern, München, Wien 1988.“
„Die Gegenwart der Zukunft. Namhafte Natur- und Geisteswissenschaftler zeigen Perspektiven für das Leben in den nächsten Jahrzehnten. Bern, München, Wien 1988.“
„Kirche im Abseits? Zum Verhältnis von Religion und Kultur. Zusammen mit Rainer Bürgel und Rainer Volp. Stuttgart 1991.“
„Siegfried Kaden, Auferstehung. Sulgen 1993.“
„Jetzt – neugierig, präsent, offen. 10 Jahre Gegenwartskunst im Hospitalhof und in der Hospitalkirche Stuttgart. Stuttgart 1997.“
„Mitteilungen der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche. Artheon Nr. 11 (September 1999) bis Nr.30 (Dezember 2011).“
„Der Bildung ein Haus. Zwanzig Jahre Hospitalhof Stuttgart und Evangelisches Bildungswerk. Edition Hospitalhof Stuttgart 2000.“
„Kosmologie. Fragen nach Evolution und Eschatologie der Welt. Göttingen 2004.“
„Evolution: Woher und Wohin. Antworten aus Religion, Natur- und Geisteswissenschaften. Göttingen 2007.“
„Jonathan Meese und Helmut A. Müller in Sankt Maria Pfarr, Edition Hospitalhof Stuttgart 2007.“
„Kommando Tilman Riemenschneider. Europa 2008. Edition Hospitalhof Stuttgart 2008.“
„30 Jahre Bildungszentrum Hospitalhof Stuttgart. Ein Ort der Freiheit und des Lebens. Edition Hosptialhof Stuttgart 2010.“
„Philipp Haager, Phasis, Heidelberg 2011. Hrsg.: Helmut A. Müller“
„Wie gewiss ist unser Wissen? Alles nur eine Mode der Zeit? Berlin 2012.“
„Gesucht: Spirituelle Erfahrungsräume für Kunst und Religion. 25 Jahre Gegenwartskunst im Hospitalhof und der Hospitalkirche Stuttgart 1987-2012. Edition Hospitalhof 2012.“
„JAK – Lebhafte Konkurrenz. Edition Hospitalhof Stuttgart 2012.“
„Rainer Ganahl: Holzwege. Edition Hospitalhof Stuttgart 2012.“
„Kultur, Religion und Glauben neu denken. Berlin 2014“
„Christian Jankowski, Casting Jesus. Stuttgart 2015“
Ab wann darf man einen Pfarrer als Bildungsenthusiasten bezeichnen? Vielleicht dann, wenn er 25 Jahre lang den Hospitalhof Stuttgart gleitet hat, die für die Bildung maßgebliche Institution der Evangelischen Landeskirche Württemberg? Vielleicht dann, wenn er dort mehr als 10.000 Veranstaltungen zur Erwachsenenbildung organsiert hat? Vielleicht dann, wenn er sein Lebenswerk uneingeschränkt der Vermittlung von Bildung gewidmet hat?
Vielleicht auch dann, wenn dieser besagte Pfarrer auch im Ruhestand in seiner privaten Bildungsstätte, der Nordheimer Scheune, einem kleinen, feinen Kreis für den Gedankenaustausch einen in seiner Art einmaligen Salon anbietet?
Dann, ja dann darf man einen Pfarrer als Bildungsenthusiasten bezeichnen.
Talstraße 31/1
74226 Nordheim