Glossar inflationärer Begriffe von (dilettantisch) bis (virtuos)
Begleitbuch zur Ausstellung ‚Die Irregulären – Ökonomien des Abweichens‘ mit Beiträgen von Mercedes Bunz, Alice Creischer, Karin Harrasser/Aino Korvensyrjä, Christoph Menke, Wolfgang Müller u.a.
Verlag der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) Berlin, 2013, ISBN 978-3-938515-51-8, 202 S., Broschur, Format 18 x 11,1 cm, € 10,–
Wer in der 14. Auflage des Rechtschreib-Dudens der Deutschen Sprache von 1958 nach dem Eigenschaftswort „nerdig“ sucht und fragt, was es bedeutet, wird ebenso wenig fündig wie in der 21. Auflage von 1996 und im Fremdwörterbuch-Duden, Der große Duden Band 5 von 1966. Er muss schon zum vom Duden-Verlag und vom Trendbüro 2009 herausgegebenen ‚Duden. Neues Wörterbuch der Szenensprache‘ greifen oder sich in Wikipedia kundig machen, um zu erfahren, dass „nerdig“ zu „Nerd“ gehört und dass „Nerd“ für Langeweiler, Sonderling, Streber, Außenseiter und Schwachkopf steht. Im Umfeld der Internet- und Jugendkultur wird das Wort inflationär gebraucht. Deshalb findet es wie die Worte dilettantisch, emotional, erschöpft, geklaut, genial, immateriell, inflationär, kommunikativ, kreativ, kritisch, performativ, prekär, produktiv, professionell, schön, subversiv, (un)cool, vernetzt, vielversprechend und virtuos Aufnahme in das Glossar inflationärer Begriffe. Nicole C. Karafyllis bestätigt in ihrem Beitrag, dass es das Wort ‚nerdig‘ im Deutschen bis vor kurzem noch nicht gegeben hat und dass es aus dem Englischen in die Jugendsprache und in die aufstrebende Internetkultur eingewandert ist. „Bill Gates etwa wurde in den 1980er- Jahren als ‚nerd‘ bezeichnet, weil er obsessiv mit Computertechnik beschäftigt zu sein und im sozialen Umgang schwierig schien. Wenn jemand also ‚nerdig‘ ist, ist er irgendwie schwierig und schräg – aber auf eine bestimmte Weise. Die US-amerikanische Sitcom ‚The Big Bang Theory‘ bringt dieses ‚nerdig‘-Sein seit 2007 performativ zur Anschauung: Die in einer WG lebenden ‚nerds‘ beschäftigen sich mit elektronischer Technik und hochgradig technisierter Naturwissenschaft wie Quantenphysik“ (Nicole C. Karafyllis). Uwe Wirt erläutert in seinem Beitrag, dass das Stichwort ‚performativ‘ über die Sprechakttheorie von John Langshaw Austin und Erika Fischer-Lichtes im Umfeld der Kultur- und Theaterwissenschaften entwickelte Theorie des Performativen in die Sprache eingewandert ist.
ham, 24.05.2013
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