12. Oktober – 23. November 2019
Eröffnung: Samstag, 12. Oktober 2019, 18 – 20 Uhr. Einführung: Helmut A. Müller
Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag, Samstag, 15 – 18 Uhr
Anmeldung per E-Mail ham@helmut-a-mueller.de oder telefonisch unter 07133/9004900 erbeten
„Eine junge Kunsthistorikerin hatte mir am Abend meiner Ankunft in Venedig auf der Terrasse des Palazzo Barbarigo delle Terraza in der Dunkelheit von Kamelen in Venedig erzählt. Wir standen an der Brüstung direkt am Canal Grande und tranken ein Glas kühlen Weißwein. Es gab da einerseits diese Geschichte, dass in den 50er Jahren Kamele, die zu einem Zirkusplatz in der Stadt geführt werden sollten, nicht auf die vorgesehenen Boote wollten. Also blieb nichts anderes übrig, als sie durch die engen Gassen Venedigs zu führen. Andererseits gibt es Kamel-Darstellungen in Form von Reliefs aus früheren Zeiten, die eine Verbindung zum Orient verdeutlichen.
Während wir uns unterhielten, fuhren die Schiffe an uns im Canal Grande vorbei; sie wendeten, das Licht funkelte im schwarzen Wasser vor unseren Augen. Vor dem Palazzo befindet sich nämlich der Wendepunkt für große Schiffe: ein Turning-Point. Dieser „Turning-Point“ und die Details der Erzählung verbanden sich allmählich zu dem inneren Motiv eines Kamels, das auf einem Surfbrett steht und unsicher einen Kanal entlang fährt. Es ist einerseits ein Selbstbildnis, andererseits ein Bild für den Zustand des Menschen an sich. Ein Urmotiv irgendwie. Sind wir nicht alle Kamele, die durch Wasserstraßen fahren und die auf ungewissem Weg ihr Gleichgewicht suchend vorwärts taumeln?
Als ich das Bild zwei Tage später dann malte, war ich mit dem wunderschönen malerischen Blick aus dem obersten Fenster des Palazzo konfrontiert. Ich musste lächeln, als ich das Selbstbildnis als Kamel malte. Der Einfluss des besonderen venezianischen Lichtes hatte natürlich ebenso eine starke Wirkung auf die Entstehung des Bildes wie die visuelle und akustische Kulisse des Canal Grande.“
(Patrick Alt zu seinem am 23. März 2019 vor dem Canal Grande in Venedig am Fenster des Palazzo Barbarigo della Terraza gemalten Bild „Selbst (Kamel auf Surfbrett)“
Das Kamel auf dem Surfbrett ist für Patrick Alt zu einem Bild für den Zustand der Menschheit geworden und er fragt, ob wir nicht alle wie Kamele durch Wasserstraßen fahren, das Gleichgewicht suchen und nach vorwärts taumeln. Seine Frage ist seiner Erfahrung geschuldet, dass Malerei einen Bereich erfühlt, ersehnt und erkundet, der ohne sie nicht zum Vorschein käme. Sein Sprechen und Schreiben über Malerei ist Teil seiner Arbeit, eine Art Erhellung. Alt hat einst vier Semester Literaturwissenschaft studiert, Gedichte und den Anfang eines Romans geschrieben und ist dann doch bei der Malerei gelandet. Malerei ist jetzt für ihn eine andere Art des Nachdenkens und ein Erfassen dessen, was das alte Wort Abglanz meint.
Das 1750 von J. J. Bommer gebildete Wort meint den Glanz, der von einem glänzenden Körper auf einen anderen fällt. Für Goethe ist nach den Schlussversen des Faust alles Vergängliche nur ein Gleichnis und die uns gegebene Welt Abglanz des Unendlichen: Nach der ›Tragödie erstem Teil‹ erwacht Faust aus seinem Heil- und Vergessens-Schlaf. Über ihm steigt die Sonne empor, auf dem Wasserfall steht ein Regenbogen „Der spiegelt ab das menschliche Bestreben, ihm sinne nach, und du begreifst genauer, am farbigen Abglanz haben wir das Leben“.
Abglanz kann also den Reflex oder Widerschein eines Größeren meinen oder auch den Verweis auf etwas Großes und Reiches an dem das Verweisende Anteil hat. Malerei ist, wenn man Alt folgt, dieser Verweis.
Patrick Alt wird in der Nordheimer Scheune vier neue Großformate, sechs Mittelformate, sechs Kleinformate und Zeichnungen aus aktuellen Serien zeigen.
Wir laden herzlich zu der Eröffnung der Ausstellung am Samstag, 12. Oktober 2019, 18 – 20 Uhr und zum Besuch der Ausstellung ein und freuen uns, wenn wir Sie begrüßen können. Aus organisatorischen Gründen bitten wir Sie um Ihre telefonische (07133/9004900) oder schriftliche Anmeldung per E-Mail ham@helmut-a-mueller.de