Gestreckte Eröffnung: Samstag, 5. März 2022, 15 – 20 Uhr
● 15 –18 Uhr: Zeit für persönliche Gespräche mit dem Künstler
● 18 Uhr: Einführung in die Ausstellung (Helmut A. Müller)
Anmeldung: Aus organisatorischen Gründen bitten wir freundlichst um Ihre schriftliche Anmeldung zurEröffnung und zum Besuch der Ausstellung per E-Mail ham@helmut-a-mueller.de oder per Telefon 07133/9004900, die Angaben des von Ihnen präferierten Zeitfensters und die Einhaltung der aktuellen Corona-Regeln des Landes Baden-Württemberg (vergleiche dazu https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronainfos/ZZ_Corona_Regeln_Auf_einen_Blick_DE.pdf).
Geometer vermessen die Lage der Grenzen von öffentlichen und privaten Grundstücken mit Theodoliten. Ein Theodolit ist ein Winkelmessinstrument, das aus einem Gehäuse, einem Zielfernrohr, einem Vertikal- und einem Horizontal-Teilkreis und ein bis zwei Libellen besteht und auf einem Stativ aufgestellt wird. Die Libellen dienen der lotrechten Ausrichtung der Drehachse. Die Höhe und die Breite eines Fensters und die Länge einer Wand kann man dagegen mit einem einfachen Meterstab nachmessen.
Wenn man aber erfassen will, was an einem Gemälde fasziniert, helfen weder Theodoliten noch Meterstäbe weiter. Malerisches lässt sich nicht durch Zentimetermaße, Horizontalrichtungen, Zenit- und Vertikalwinkel
erklären. Das Zusammenspiel von subjektiven Stimmungen beim Betrachten und objektiven Gegebenheiten ist deutlich komplizierter. Deshalb trifft die Rede von der Atmosphäre oder Aura das, was gemeint ist, deutlich besser. Der 1953 in New York geborene konstruktivistische Farbfeldmaler und Konkrete Peter Halley hat dieses Problemfeld durch die Metapher „The Crisis in Geometry“ markiert. Cim Jubke übernimmt die Wendung und lotet sie in gleichnamigen Arbeiten aus (vergleiche dazu die Arbeiten gleichen Titels in: https://cimjubke.de/2-1/).
Er lässt sich in dieser und jeder weiteren Werkgruppe von der Vorstellung leiten, dass er mit scheinbar ungeübter Hand Unerfahrenes entstehen lassen kann. Der 1993 in Berlin geborene und in Tübingen aufgewachsene Karlsruher Meisterschüler ist überzeugt, dass der Malakt spannend und sein Ergebnis frisch bleiben, wenn die vorigen Werkgruppen, Maltechniken und Kompositionen vergessen sind.
Jubke weiß natürlich auch, dass das Auge beim Malen nicht wie ein Fernrohr funktioniert und dass das, was im Kopf passiert, nicht mit einem Meterstab ermessen werden kann. Gestaltpsychologen wie Max Wertheimer (1880 – 1943), Kurt Koffka (1886 – 1941) und Wolfgang Kohler (1887 – 1967) haben schon Anfang des 20. Jahrhunderts herausgefunden, dass Wahrnehmung nicht als rezeptiver, sondern als schöpferischer Akt zu verstehen ist und dass das Gehirn das Gesehene so anordnet, dass Neues entsteht. Deshalb konzentriert sich Jubke beim Malen auf die Oberfläche und damit auf das, was dem Betrachter beim Anschauen ins Auge springt. Und er überlegt, welche Grundstimmung er seinen neuen Werkgruppen mit auf den Weg geben und welche Fragestellung er in ihnen verhandeln will.
Für seine Ausstellung in der Nordheimer Scheune hat er eine Werkgruppe von Acryl- und Ölmalereien in kalkigen Farbtönen auf Holzplatten im Format 26,5 x 43 cm erarbeitet, die sich mit Fragen des Übergangs zwischen konkreter und gegenständlicher Kunst in der Absicht auseinandersetzt, die dazwischen liegenden Abstraktionen zu überspringen. Die konkreten Malereien lassen geometrische Grundformen aufscheinen, so etwa eine linke Seite in einem Petrolton und eine rechte in stählernem Blau. In den gegenständlichen Malereien tauchen Figurationen wie ein aufgeschlagenes Buch oder zwei weiße Tauben im Bildraum auf. Gleichwohl bleiben Abstraktionen mit reinen, ruhigen und in ihrer Gesamtwirkung interessanten Oberflächen auch für Jubke interessant, wenn sie den Punkt ausbalancieren, an dem im objektiven Sinne noch nichts Gegenständliches zu sehen ist: Die Betrachter projizieren dann trotzdem eigene Vorstellungen auf die Oberflächen und glauben, etwas zu sehen, was in den Bildern nicht wirklich angelegt ist. Diese Werkgruppe ist in wandhohen Kartons gefasst, die die Galerie in der Zeit der Ausstellung auskleiden.
Die Arbeiten im Wohnzimmer greifen die Breite und die Höhe der dortigen Fenster auf und spielen mit Motiven, die im Raum zu finden sind.
Die Ausstellung ist dienstags, donnerstags und samstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Wir laden herzlich ein.
Wichtige Daten aus dem Lebenslauf von Cim Jubke:
2014–2021 – Studium an der AdBK Karlsruhe (Prof. Wasmuht, Vogel, Kremer)
2019 – Diplom Freie Kunst/Malerei
2019 – Ernennung zum Meisterschüler
Preise / Stipendien
2017 – Akademiepreis Winterausstellung
2018 – Studienstiftung des Deutschen Volkes
2020 – Shortlist „Bundespreis für Kunststudierende 2021“
2021 – Kunstfonds, Neustart Kultur Absolvent:innen von Kunsthochschulen
Das Projekt wurde gefördert durch ein Stipendium des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg