Renate Pelzl / Julia Gruber
Wild Kräuter
Heilkräfte am Wegesrand
22,3 x 14,8 x 22 cm große Box mit 192 seitigem Buch mit zahlreichen Farbabbildungen und Grafiken und einem Kartenset von 49 Meditations- und Bestimmungskarten
Königsfurt-Urania Verlag Krummwisch, 2012, ISBN 978-3-86826-120-2, € 24,99
Der 1939 in Wien geborene und in den letzten 1970er- und ersten 1980er-Jahren in Berkeley, CA lebende Physiker, Systemtheoretiker und Philosoph Fritjof Capra ist in der deutschsprachigen Welt durch sein 1983 ins Deutsche übersetzte Buch „Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild“ bekannt geworden. Nach Capra kann im zu Ende gehenden 20. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel vom aufgeklärt-mechanistischen zu einem ganzheitlich-ökologischen Weltbild beobachtet werden. Die Welt erscheint nicht länger als eine aus Einzelteilen zusammengesetzte Maschine; sie muss als Ganzes gedacht werden, in dem alle Teile miteinander in Beziehung stehen. Die Welt als ganze erscheint als belebt. In diesem Weltbild ist es alles andere als abwegig, auch Pflanzen eine Seele zuzusprechen.
Ob die ebenfalls in Österreich geborenen Autorinnen des vorliegenden Wildkräuter-Sets Fritjof Capras „Wendezeit“ kennen, ist aus dem vorliegenden Buch und Set nicht zwingend zu erschließen. Aber das Stichwort „Wendezeit“ wird immerhin erwähnt und die Vorstellung, „dass jedes Lebewesen eine >>Seele<< besitzt – auch eine Pflanze“, gilt ebenso als gesetzt wie die östliche Vorstellung vom “Energiekörper, in dem das Chi (Od, Prana…) zirkuliert, vom Mental- und Emotionalkörper, in dem sich unsere Gedanken beziehungsweise Gefühle abbilden, und von den feinen seelisch-geistigen Ebenen“ (Renate Pelzl/Julia Gruber). Dazu kommt das glänzend aufbereitete erfahrungskundliche Wissen der Kräuter- und Heilkundigen vergangener Generationen. Im Miteinander von östlicher Weltsicht und westlichem Kräuter- und Heilkundewissen entsteht ein faszinierender Überblick über das, was die Alten unter anderem über Wildkräuter wie den Ackerschachtelhalm, den Bärlauch, die Brennnessel, das Gänseblümchen, den Giersch und den Spitzwegerich gedacht und heilkundlich mit ihm angefangen haben und nachgeholtem New Age. So wird der ‚Ackersenf‘ im Kartenset einerseits klassisch botanisch wie folgt bestimmt und beschrieben: „Lateinisch Sinapis aversensis / Familie: Kreuzblütler / Blütenfarbe: gelb / Blütezeit: Mai – August / Erntezeit: Frühsommer bis Herbst… Ackersenf ist eine 20 bis 60 cm hohe, krautige Pflanze. Die Blüten wachsen in Trauben, ca. 1,5 cm im Durchmesser. Die Kelchblätter stehen waagrecht ab und die Frucht (Schote) wird 4 cm lang… Körperliche Wirkung: verdauungsfördernd, Stoffwechsel anregend.“ Auf der Vorderseite der Karte wird eine Detailfotografie der Pflanze mit dem Stichwort „Urvertrauen“ und der Aufforderung zur Meditation über den Satz; „Ich zeige mich, wie ich bin!“
verbunden. Wer der New Age-Bewegung und ihren Folgen nahesteht, wird beide Seiten der Karte zusammenzudenken versuchen. Wer eher naturwissenschaftlich nüchtern nach Heilung sucht, wird den Hinweis auf die körperliche Wirkung verdauungsfördernd und stoffwechselanregend aufgreifen und den Ackersenf auf diese Weise einzusetzen versuchen. Für Letzteren dürfte das dem Buch beigegebene Stichwortverzeichnis mit Einträgen wie blutdruckregulierend (Bärlauch, Weißdorn), blutreinigend
(Schafgarbe, Ackerschachtelhalm, Apfel, Bärlauch, Brennnessel, … Wegwarte) und blutstillend (Wiesenknopf, Frauenmantel, Labkraut, Nelkenwurz, Schafgarbe, Spitzwegerich, Taubnessel) zentral sein. Fritjof Capra hat sich übrigens Mitte der 1980er-Jahre von der sich auf ihn berufenden New Age-Bewegung distanziert und fortan von seinem tiefenökologisch orientierten Weltbild gesprochen.
ham, 26.6.2013
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